Crude DesignsLondon/New York (epo). - Die Kontrolle über den Ölreichtum des Irak soll in die Hände multinationaler Konzerne gelegt werden. Dies solle durch langfristige Verträge abgesichert werden, die den Irak Hunderte von Milliarden Dollar kosten würden, berichten mehrere US-amerikanische und britische Organisationen in einem am Dienstag in London vorgestellten Report mit dem Titel "Crude Designs: Der Ausverkauf des irakischen Ölreichtums". Der Bericht wurde von den britischen Organisationen PLATFORM, New Economics Foundation und War on Want sowie dem Global Policy Forum, dem Institute for Policy Studies und Oil Change International in den USA herausgegeben. Darin heißt es, die aktuelle irakische Ölpolitik sehe vor, die Ausbeutung von mindestens 64 Prozent der irakischen Reserven in die Hände privater Konzerne zu legen. Der Irak verfügt über die weltweit drittgrößten Ölvorkommen.

Die in dem Report zum ersten Mal veröffentlichten Zahlen zeigten, "dass die voraussichtlichen Verluste für den Irak während der Laufzeit der neuen Verträge zwischen 74 und 194 Milliarden US-Dollar liegen werden, wenn die Ölförderung nicht in öffentlicher Hand bleibt", teilte das Global Policy Forum mit. "Diese Summen entsprechen dem Zwei- bis Siebenfachen des heutigen Staatshaushalts des Irak." Der Bericht zeige darüber hinaus auf, "dass die Verträge gewaltige Gewinne für die ausländischen Konzerne garantieren würden, mit Renditen zwischen 42% und 162%".

Die Verträge, die diese Gewinne möglich machten, so das Global Policy Forum, würden Produktionsteilungsabkommen (Production Sharing Agreements, PSAs) genannt. PSAs würden von der US-Regierung und großen Ölkonzernen stark gefördert und von einflussreichen Personen im irakischen Ölministerium unterstützt. Auch Großbritannien habe den Irak dazu ermutigt, seine Ölvorkommen für ausländische Investoren zu öffnen.

Die Laufzeiten von PSAs betragen laut Bericht 25-40 Jahre. Sie unterliegen normalerweise Geheimhaltungsklauseln und hindern Regierungen daran, die Vertragsbedingungen im Nachhinein zu ändern. Greg Muttitt, der maßgebliche Autor von "Crude Designs" und Mitarbeiter der Organisation PLATFORM, erklärte dazu: "Die Verträge, die hier geschlossen werden sollen, stellen die teuerste und am wenigsten demokratische Möglichkeit dar. Das irakische Öl sollte den Menschen im Irak nutzen, nicht ausländischen Ölkonzernen."

Die neue irakische Verfassung bereite den Weg für noch größeren ausländischen Einfluss auf die Ölfelder im Irak, so der Bericht. Die Verhandlungen mit den Ölkonzernen seien bereits im Gange, noch bevor im Dezember allgemeine Wahlen stattfinden und eine neues, demokratisch legitimiertes Ölgesetz verabschiedet werden kann.

Der vorliegende Bericht fordert eine offene und umfassende Debatte im Irak darüber, wie die Ölreserven ausgebeutet werden sollen. Nach Ansicht der Organisationen sollten "auf keinen Fall Verträge geschlossen werden, die im Geheimen ausgehandelt werden und für 30 Jahre gültig bleiben".

Die geplante Ausbeutung der irakischen Ölreserven durch multinationale Konzerne werde nicht nur ohne öffentliche Diskussion ausgehandelt, auch die anhaltende Gewalt im Irak bedeute einen erheblichen Verhandlungsnachteil, so Greg Muttitt. "Die Institutionen des Irak sind noch neu und schwach. Erfahrungen aus anderen Ländern zeigen uns, dass die Konzerne normalerweise die Oberhand in PSA-Verhandlungen gewinnen. Die Konzerne werden unweigerlich die Instabilität im Irak nutzen, um für sich noch größere Vorteile herauszuschlagen und den Irak für Jahrzehnte an diese Verträge zu fesseln."

"Der brisante Bericht bestätigt, was viele seit langem vermutet haben: Die großen amerikanischen und britischen Ölkonzerne haben ein enormes Interesse an den gigantischen unerschlossenen Ölvorkommen im Irak", sagte James Paul, Direktor des Global Policy Forums. "Der Bericht zeigt, wie die Konzerne versuchten, Kontrolle über die Ölfelder zu erlangen und nun unter der Besatzung ihrem Ziel zum Greifen nahe sind. Die Gefahr ist groß, dass nach den Wahlen im Dezember die Produktionsverträge mit den Ölkonzernen im Schnellverfahren unterzeichnet werden. Aber diese Verträge würden die irakische Regierung auf Jahrzehnte binden und Milliardengewinne aus dem Irak in die Kassen der Konzerne spülen."

Der Report "Crude Designs. The rip-off of Iraq's oil wealth" wurde nach Angaben der Herausgeber von Greg Muttitt von der Organisation PLATFORM recherchiert und geschrieben. Bei den wirtschaftlichen Modellen wurde er von Dr. Ian Rutledge von Sheffield Energy & Resources Information Services (SERIS) unterstützt.

 Der Report ist im Internet abrufbar unter www.crudedesigns.org

 Global Policy Forum