oxfamBerlin. -  Durch Steuertricks und Gewinnverschiebungen international tätiger US-Konzerne entgehen den G20-Staaten jährlich Milliarden-Dollar-Beträge. Das geht aus dem Bericht "Still Broken" hervor, den die Entwicklungsorganisation Oxfam gemeinsam mit dem Tax Justice Network, der Global Alliance for Tax Justice und dem Gewerkschaftsbund Public Services International am Dienstag vorgelegt hat. Hinzu kommen bisher nicht bezifferbare Verluste durch Steuertricks von Konzernen, die ihren Stammsitz nicht in den USA haben.

Im Vorfeld des G20-Gipfeltreffens in Antalya, bei dem auch internationale Steuerfragen diskutiert werden sollen, fordern die Nichtregierungsorganisationen, Steuerschlupflöcher zu schließen und internationale Konzerne zu öffentlicher länderbezogener Berichterstattung über ihre Einnahmen und Steuerzahlungen zu verpflichten.

Der Bericht "Still Broken" zeigt, dass allein international operierende US-Konzerne im Jahr 2012 zwischen 500 und 700 Milliarden Dollar an den Steuerbehörden der Länder, in denen die Gewinne angefallen sind, vorbeigeschleust haben. In Ländern wie den USA, Deutschland, Indien und China wird der angefallene Gewinn kleingerechnet und in Steueroasen verschoben. So wurden auf den Bermudas 80 Milliarden Dollar Gewinn gemeldet – mehr als in Deutschland, Japan, Frankreich und China zusammen -- obwohl dies nicht annähernd der wirtschaftlichen  Aktivität dort entspricht. Während insgesamt die G20-Länder die höchsten Beträge verlieren, tragen die ärmsten Länder prozentual die höchste Last, weil hier Unternehmenssteuern einen höheren Anteil des Etats ausmachen. So könnte Honduras seine Budgets für Gesundheit und Bildung je um 10 bis 15 Prozent aufstocken, wenn US-Konzerne faire Steuern zahlen würden.

Nach Einschätzung der Nichtregierungsorganisationen gingen Deutschland durch Steuervermeidungstricks von US-Konzernen im Jahr 2012 bis zu sieben Milliarden Dollar Steuerzahlungen verloren.

Tobias Hauschild, Oxfam-Experte für internationale Steuersysteme, kommentierte: "Reiche und arme Länder werden um Einnahmen betrogen, weil internationale Konzerne ihre Steuern nicht dort zahlen müssen, wo Gewinne erwirtschaftet werden. Die Zeche zahlen vor allem die Menschen in den ärmsten Ländern, weil dort auch deswegen die Staatskasse nicht ausreicht, um öffentliche Dienstleistungen wie Gesundheit und Bildung gebührenfrei für alle Bürgerinnen und Bürger bereitzustellen."

Markus Meinzer vom Tax Justice Network sagte: "Die Steuerreformen, die die G20 diese Woche beschließen wollen, sind unzureichend und werden die Gewinnverschiebungen nicht verhindern. Deutschlands oberste Finanzbeamte nehmen enorme Steuerverluste und Marktverzerrungen in Kauf, nur um deutschen Investoren in Übersee genau dieselbe Steuerfreiheit zu garantieren, wie US-Konzerne sie etwa in Deutschland genießen. Obendrein wollen sie gegenwärtig auf EU-Ebene verhindern, dass das Ausmaß der Steuerflucht künftig offengelegt werden muss – daran müssen sie gehindert werden!"

Lisa Großmann vom Netzwerk Steuergerechtigkeit erklärte: "Wenn die G20 mit all ihren Steuerrechtlern und gut ausgestatteten Finanzämtern die internationale Steuervermeidung nicht stoppen können, ist absehbar, welche Chance arme Länder haben. Die Voraussetzung für einen gerechten Umbau des internationalen Steuersystems ist, für eine gleichberechtigte Mitsprache aller Länder bei der Weiterentwicklung internationaler Steuersysteme zu sorgen."

=> Der Bericht "Still broken: Governments must do more to fix the international corporate tax system"

=> Die zugrunde liegende ausführliche Studie mit Darstellung der Berechnungsmethode "Measuring misalignment: The location of US multinationals’ economic activity versus the location of their profits"

Die Zahlen beschränken sich auf Konzerne mit Sitz in den USA, weil nur US-Recht zur Veröffentlichung der relevanten Daten verpflichtet.

Quelle: oxfam.de


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