Paris. - Zur Halbzeit der Klimaverhandlungen in Paris hat die internationale Kinderhilfsorganisation World Vision eindringlich an die Verhandlungsteilnehmer appelliert, ein strenges Klimaabkommen zu verabschieden. "Während hier in Paris viel Zeit mit Verhandlungstaktik vergeudet wird, sterben in Afrika, Asien, Mittel- und Südamerika Menschen", erklärte Silvia Holten, Sprecherin von World Vision Deutschland. Das Klimaphänomen El Niño falle in diesem Jahr so stark aus wie nie zuvor.
"Kinder zeigen alarmierende Anzeichen von Unter- und Mangelernährung. Mehrmals die Woche bekommen wir Warnmeldungen aus den Ländern, in denen wir arbeiten, und zwar weltweit", so Holten. World Vision Mitarbeiter aus vielen Ländern, in denen die Organisation tätig ist, berichteten von heftigsten Wetterphänomenen durch El Niño. In Chennai und Tamil Nadu (Indien) kommt es derzeit zu den schwersten Überschwemmungen seit 100 Jahren. "Den Menschen steht das Wasser dort wortwörtlich bis zum Hals", warnte Holten. Millionen Menschen seien betroffen. Sie hätten nichts zu essen und kein sauberes Trinkwasser mehr oder ihre Häuser seien zerstört.
"Wir erleben hier die vollen Auswirkungen des Klimawandels. Die extremen Regenfälle der letzten Wochen sind die direkten Folgen der Erderwärmung", sagte Chandra Bhushan vom Wissenschafts- und Umweltzentrum in Delhi.
In den Ländern des südlichen und östlichen Afrika, sowie in mehreren Staaten Zentral- und Mittelamerikas habe es teilweise seit Jahren nicht geregnet. Viele Bauern hätten ihre Viehbestände verloren, Kinder zeigten besorgniserregende Anzeichen von Unter- und Mangelernährung, berichtet World Vision. In Malawi hätten eine anhaltende Dürre und anschließende Überflutungen einen Großteil der Ernten zerstört. Im Gegenzug stiegen die Preise für Nahrungsmittel, so dass die ärmsten Bevölkerungsschichten sich Lebensmittel kaum noch leisten könnten. Viele Flüsse in Südafrika seien inzwischen ausgetrocknet oder führten nur noch wenig Wasser. In einigen Ländern lieferten 80 Prozent der Wasserstellen und Brunnen kein Wasser mehr.
Insgesamt rechnet World Vision damit, dass allein im südlichen Afrika rund 30 Millionen Menschen durch das Wetterphänomen betroffen sein werden. Auch in Mittel- und Südamerika kämpfen Millionen mit den Auswirkungen der Klimakatastrophe. So verzeichnen die Bauern in Guatemala, El Salvador, Honduras sowie Haiti und der Dominikanische Republik zum Teil bis zu 90 Prozent Ernteausfälle.
In seinen langfristigen Projekten der Entwicklungszusammenarbeit unterstützt die Organisation die Bevölkerung u.a. mit Ackerbaumethoden, die dem Klima angepasst sind, wie z.B. der konservierenden Landwirtschaft, regenerativen Wiederaufforstungsmethoden, Tröpfchenbewässerung, der Konservierung von Lebensmitteln und dem Anbau von unterschiedlichen Obst- und Gemüsesorten. In Südäthopien, in der Region Humbo, konnten beispielsweise mit Hilfe von FMNR (farmer managed natural regeneration), einer regenerativen Wiederbewaldungsmethode, mehr als 600 Hektar zuvor verwüstetes Land wieder begrünt werden.
World Vision fördert in ganz Äthiopien Wiederaufforstung nach der FMNR-Methode in 36 Projekten. Nach einer aktuellen Untersuchung von World Vision zeigte sich, dass in den Gebieten, in denen Wiederaufforstung betrieben wurde, die Menschen nicht betroffen sind und nach wie vor genug zu essen haben und über sauberes Trinkwasser verfügen. Die Flüsse und Brunnen hätten genug Wasser für die nächsten zwei bis drei Jahre, auch wenn es keinen Regen gibt.
"Mutter Natur ist eine strenge Lehrerin", betonte Holten. "Wenn wir in Paris kein weitreichendes Abkommen verabschieden, werden wir die Folgen zu spüren bekommen."
Quelle: www.worldvision.de