Göttingen. - Im Südosten Nigerias sind seit Sonntag elf Biafraner bei der blutigen Niederschlagung von Demonstrationen getötet worden. Das hat die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) am Mittwoch in Göttingen berichtet. Die Menschenrechtsorganisation forderte die Einsetzung einer offiziellen Untersuchungskommission, um das Ausmaß und die Hintergründe der Gewalt zu klären.
"Sicherheitskräfte, die bei ihrem Vorgehen gegen Demonstranten unverhältnismäßig Gewalt anwenden, müssen zur Rechenschaft gezogen werden. Nur so kann eine weitere Eskalation der Spannungen verhindert werden", erklärte GfbV-Afrikareferent Ulrich Delius. Die Menschenrechtsorganisation übte scharfe Kritik an dem Verhalten der Sicherheitskräfte, die Todesfälle von Biafranern bei Demonstrationen trotz anderslautender Berichte von Ärzten und Augenzeugen grundsätzlich leugnen. Insgesamt seien seit dem 2. Dezember 2015 bei Demonstrationen von Biafranern gegen die rechtswidrige Inhaftierung des Direktors von Radio Biafra, Nnamdi Kanu, mindestens 26 Menschen getötet worden.
Am vergangenen Sonntag starben laut GfbV in der 1,7 Millionen Einwohner zählenden Stadt Aba im Bundesstaat Abia acht Anhänger der Organisation "Indigenous People of Biafra (IPOB)", als sie trotz eines Demonstrationsverbots öffentlich die Freilassung von Kanu forderten. Auch in den Städten Asaba im Bundesstaat Delta und Enugu im gleichnamigen Bundesstaat kam es zu Protesten. Bei der Niederschlagung der Demonstrationen wurden 30 Biafraner verletzt und 26 festgenommen.
Drei Demonstranten kamen am Montag in der Stadt Aba zu Tode, als Soldaten das Feuer auf Protestierende eröffnete, so die GfbV. Erneut habe die Polizei dementiert, dass es Verletzte oder Tote gegeben habe und versichert, nur Tränengas eingesetzt zu haben.
"Das massive und offensichtlich unverhältnismäßige Vorgehen der Sicherheitskräfte schürt weiter Spannungen und Gewalt im Südosten des Landes", warnte Delius. Statt zu deeskalieren, setzten Nigerias Sicherheitsbehörden auf Konfrontation und Machtdemonstrationen. So werde die Stimmung bei den Protesten immer aufgeheizter und bei den Demonstranten wachse die Verbitterung über die Willkür der Behörden, die Nnamdi Kanu weiter festhalten, obwohl ein Gericht seine Freilassung verfügt hatte. Ursprünglich sollte Kanu am vergangenen Sonntag vor dem Obersten Bundesgericht in Abuja vorgeführt werden. Doch der Richter sei nicht erschienen, so dass das Verfahren auf den 21. Januar vertagt wurde.
Quelle: www.gfbv.de