bfdwBerlin. - Die russische Frauenrechtsorganisation EGIDA wurde in die Liste der "ausländischen Agenten" beim russischen Justizministerium eingetragen. Damit wird die Partnerorganisation, die sich in St. Petersburg auch für Mütter mit behinderten Kindern einsetzt, nach Ansicht von Brot für die Welt stigmatisiert. Die Arbeit von EGIDA werde stark eingeschränkt. Dies hat das evangelische Hilfswerk am Freitag in Berlin kritisiert.

EGIDA habe immer transparent gearbeitet und die Finanzierung offengelegt. Die Eintragung erfolgte auf Grundlage des "Agenten-Gesetzes", das 2012 in Russland in Kraft gesetzt wurde. Es richtet sich gegen Nichtregierungs-Organisationen, die finanzielle Unterstützung aus dem Ausland erhalten und sich "politisch betätigen", was öffentliche Veranstaltungen, Meinungsumfragen oder die Kommentierung von Gesetzesvorhaben einschließt. Damit beschränkt der russische Staat wichtige Rechte der Zivilgesellschaft wie Meinungs-, Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit, urteilt Brot für die Welt. Die Organisationen haben keine Möglichkeit mehr, Position zu beziehen, sich am politischen Willensbildungsprozess zu beteiligen oder sich in gesellschaftliche Diskussionen einzubringen. Dies nicht einmal dann, wenn sie sich - wie EGIDA - für die Rechte Behinderter einsetzen, zu deren Einhaltung sich Russland in internationalen Abkommen selbst verpflichtet hat.

Infolge des Gesetzes wurden tausende NRO von staatlichen Stellen einer Prüfung unterzogen, der Restriktionen folgten. Inzwischen sind laut Brot für die Welt 116 Organisationen als "ausländische Agenten" eingetragen.  Dadurch werden sie im eigenen Land stigmatisiert und isoliert. Manche verzichten daher auf eine Förderung aus dem Ausland, was zu einer massiven Einschränkung ihrer Tätigkeit oder sogar Selbstauflösung führt. Auch EGIDA ist dabei sich selbst aufzulösen. Im vergangenen Jahr verschärfte Russland die Gesetzgebung weiter: Nun können auch ausländische Geber-Organisationen, die russische NRO fördern, als "unerwünscht" deklariert werden.  Russischen Bürgerinnen und Bürgern, die Kontakte zu diesen Organisationen unterhalten, drohen hohe Geld- und Haftstrafen.

Brot für die Welt befürchtet, dass durch die Diffamierung zivilgesellschaftlicher Akteure als "ausländische Agenten" das gesellschaftliche Misstrauen auch gegenüber den verbleibenden Organisationen wächst und so noch weitergehende Schritte zur Einschränkung des Handlungsspielraums der Zivilgesellschaft gesellschaftlich akzeptabel werden. Fundraising im eigenen Land, insbesondere bei privaten Spendenden, sei unter diesen Bedingungen kaum möglich.

"Dies hat nicht nur drastische Folgen für die politische und gesellschaftliche Entwicklung Russlands, sondern dient vielen autokratischen Regimen als Vorbild", sagte Christine Meissler, Referentin für Zivilgesellschaft bei Brot für die Welt. Nach Einschätzung von Brot für die Welt gibt es in nahezu 100 Ländern inzwischen staatliche Gesetze oder Maßnahmen, die das Engagement von heimischen NRO für Menschenrechte, Demokratie und Umweltschutz einschränken oder unterbinden.

Quelle: brot-fuer-die-welt.de


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