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Berlin. - In dem am Mittwoch veröffentlichten Bericht "Kindheit in Trümmern. Leben und Sterben in den belagerten Gebieten Syriens" hat die Kinderhilfsorganisation Save the Children umfassend die Situation und das Leiden einer Viertelmillion Kinder in den belagerten Gebieten Syriens und die negativen Auswirkungen der vorherrschenden Lebensumstände auf deren Psyche und Zukunft analysiert.

Die betroffenen Kinder und ihre Familien sind eingesperrt; die Versorgung mit Nahrungsmitteln, Medikamenten und anderen lebensnotwendigen Gütern ist unterbrochen. Save the Children fordert, dringend alle Belagerungen aufzuheben und unverzüglich dauerhaften Zugang für humanitäre Hilfe in allen betroffenen Gegenden zuzulassen.

In dem Bericht schildern die Kinder aus belagerten Gebieten, dass sie in ständiger Angst vor Angriffen leben. Ihre Eltern bestätigen, dass sich das Verhalten der Kinder zunehmend verändert hat - sie sind verschlossener, aggressiver oder niedergeschlagener geworden.

"Angst hat hier die Kontrolle übernommen. Die Kinder warten regelrecht darauf, getötet zu werden. Selbst Erwachsene warten nur noch darauf, zu sterben", berichtete Rihab, eine Mutter im Osten Ghoutas. Für den Bericht wurden mehr als 126 Mütter, Väter und Kinder, die unter Belagerung leben, in 22 Fokusgruppen interviewt und deren Aussagen zusammengetragen.

Luftangriffe - oft auch mit Fassbomben - stellen den größten Schrecken dar, denen die Familien in den belagerten Gebieten Syrien ausgeliefert sind. Eltern bezeugen nicht nur die traumatisierenden Auswirkungen der Angriffe auf Kinder, sondern auch dramatische Konsequenzen der Belagerungen wie Hunger und Unterernährung sowie Mangel an grundlegender medizinischer Versorgung und sauberem Wasser.

Laut dem Bericht sind bereits zahlreiche Kinder an Hunger gestorben, andere ernähren sich einmal täglich von gekochten Blättern oder von Tierfutter. Ärzte müssen bei Kerzenlicht operieren, es stehen immer weniger Medikamente zur Verfügung. Babys und Kleinkinder sterben, weil medizinische Hilfe zu spät kommt oder Krankenhäuser aufgrund der Checkpoints nicht erreicht werden können. Scharfschützen drohen damit, jeden zu erschießen, der versucht, zu fliehen – die belagerten Gebiete werden so für die Bevölkerung zu Gefängnissen unter freiem Himmel.

Nach aktuellen Informationen sollen Fassbomben viel häufiger in den belagerten Gebieten als in anderen Teilen Syriens eingesetzt worden sein. Das habe sich in der zweiten Hälfte von 2015 noch verstärkt. Im September wurde auch ein Spielplatz in Al Wa’er beschossen, auf dem ein Dutzend Kinder spielten. Im Dezember wurden so innerhalb von zwei Wochen mindestens 29 Kinder im Osten Ghoutas getötet.

"In weiten Teilen Syriens sterben Kinder aufgrund von akutem Mangel an Nahrungsmitteln und dringend benötigten Medikamenten, obwohl nur ein paar Kilometer entfernt die Warenhäuser mit Hilfsgütern gefüllt sind. Diese Kinder bezahlen den hohen Preis für die Untätigkeit der Weltgemeinschaft. Was die Menschen in unserem Report erzählen, macht überdeutlich: Es reicht! Nach fast fünf Jahren Syrien-Konflikt ist es nun höchste Zeit, die Belagerungen zu beenden und eine politische Lösung voranzutreiben", forderte Bidjan Nashat, Vorstandsmitglied von Save the Children Deutschland

Die Hauptverantwortung für das Leiden der syrischen Kinder liegt bei den Konfliktparteien. Save the Children fordert sie auf:

  • den Einsatz von Belagerungen als Kriegstaktik zu beenden und unverzüglich dauerhaften Zugang für humanitäre Hilfe in allen Gebieten zuzulassen.
  • Angriffe auf Schulen, Krankenhäuser und andere zivile Einrichtungen sofort zu stoppen, wie im humanitären Völkerrecht vorgesehen.

Save the Children fordert außerdem von der internationalen Gemeinschaft, alle im Konflikt Beteiligten zur Verantwortung zu ziehen. Friedensgespräche müssen unabhängig von humanitären Hilfslieferungen geführt werden. Hilfsgüter dürfen nicht länger als Druckmittel für politische Verhandlungen eingesetzt werden.

Seit 2014 hat der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen (UN) fünf Resolutionen verabschiedet - alle viereinhalb Monate eine - und ungehinderten Zugang für humanitäre Hilfe gefordert. Trotzdem werden die Städte und Gemeinden in Syrien stärker als jemals zuvor belagert. So hat sich die Anzahl der Menschen, die unter Belagerung leben, im letzten Jahr mehr als verdoppelt. Trotzdem erreichen lebensrettende Güter diejenigen Menschen nicht, die sie am meisten benötigen. Zwar gibt es derzeit starke Bemühungen, die Hilfe für diese Gebiete zu erhöhen, die tatsächlichen Lieferungen finden aber meistens spontan und nicht vorhersehbar statt und helfen nur über einen oder zwei Tage hinweg. Zudem sind die Lieferungen meist unvollständig und wichtige Hilfsgüter, wie zum Beispiel medizinische Ausrüstung und spezielle Medikamente, fehlen oder werden nicht durchgelassen.

Foto: © Amer Al Shami / Save the Children

Quelle: savethechildren.de


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