BMZBerlin. - Die Bundesregierung hat am Mittwoch den Eckwertebeschluss für den Bundeshaushalt 2017 vorgestellt. Er sieht eines Steigerung des Etats des Entwicklungsministeriums für 2017 um 548 Millionen Euro auf mehr als 7,9 Milliarden Euro vor. Entwicklungs- und Hilfsorganisationen begrüßten die geplante Erhöhung der Entwicklungshilfe, forderten aber angesichts der Flüchtlingskrise und drohender Hungersnöte in Afrika weitere Anstrengungen im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit.

Erfreut zeigten sich die Hilfsorganisationen auch darüber, dass für die Jahre 2018 bis 2020 jeweils Erhöhungen des Entwicklungsetats von 393 Millionen Euro gegenüber der bisherigen Finanzplanung vorgesehen sind. "Es ist erfreulich, dass die Bundesregierung gegen den in vielen europäischen Ländern zu beobachtenden Trend ihre Mittel für langfristig angelegte Projekte und Programme zur Überwindung von extremer Armut und Hunger nicht kürzt, sondern sogar noch steigert", erklärte die Präsidentin von Brot für die Welt, Cornelia Füllkrug-Weitzel. Allerdings falle der Aufwuchs der Entwicklungsausgaben bescheidener aus als im Vorjahr, was angesichts der unerwartet hohen Steuermehreinnahmen nicht nötig gewesen wäre.

"Angesichts der enormen globalen Herausforderungen, zu denen nicht nur die Fluchtbewegungen im und aus dem Nahen Osten, sondern auch die Hungersnot in weiten Teilen Afrikas zählen, wären beherztere Mittelaufwüchse wünschenswert und angemessen", sagte Füllkrug-Weitzel. "Dies umso mehr, als die eigentlichen Fluchtursachen nur durch langfristige komplexe Maßnahmen in vielen Ländern des Südens bekämpft werden können. Kurzfristige Maßnahmen etwa in Nordafrika, die derzeit häufig als Fluchtursachenbekämpfung verkauft werden, dienen der Erleichterung bei Abschiebung der Flüchtlinge aus Europa und dem Ausbau von Grenzsicherungsmaßnahmen. Sie dienen aber nicht der Bekämpfung der Ursachen, die Menschen veranlassen, ihre Heimat unfreiwillig zu verlassen."

Aus einer auch von Brot für die Welt mitfinanzierten Studie geht hervor, dass die Ausgaben des Bundes für Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe jährlich um 1,5 Milliarden Euro gesteigert werden müssten, damit Deutschland ohne Anrechnung der Flüchtlingskosten bis 2020 eine ODA-Quote (Official Development Aid) von 0,7 Prozent erreicht.

2005 hatte Deutschland zugesagt, bis 2015 das Ziel zu erreichen, 0,7 Prozent seines Bruttonationaleinkommens für Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe zur Verfügung zu stellen. "Dieses Versprechen wurde nicht eingehalten", so Brot für die Welt. Der Parlamentarische Beirat für nachhaltige Entwicklung hatte im letzten Jahr in einer fraktionsübergreifenden Stellungnahme gefordert, das 0,7-Prozent-Ziel nun wenigstens bis 2020 zu erreichen.

ÄRMSTE LÄNDER MEHR UNTERSTÜTZEN

"Es ist erfreulich, dass die Entwicklungshilfe sogar über das vorgesehene Maß hinaus wächst", sagte Tobias Kahler, Deutschland-Direktor der entwicklungspolitischen Lobby-Organisation ONE. "Jetzt müssen wir sicherstellen, dass vor allem die Menschen in den ärmsten Ländern der Welt mehr Unterstützung bekommen. Aktuell kommt den Menschen dort weniger als ein Viertel der deutschen Entwicklungshilfe zu Gute."

Dies hatte bereits der Entwicklungsausschuss der OECD in seinem letzten Prüfbericht im Herbst 2015 kritisiert. Die EU-Entwicklungsminister, also auch Deutschland, hatten versprochen, 0,15 bis 0,2 Prozent des Bruttonationaleinkommens für die Entwicklungszusammenarbeit mit den ärmsten Ländern auszugeben. Deutschland wende aktuell allerdings nur 0,09 Prozent dafür auf, kritisierte ONE.

In der vergangenen Woche hatte ONE eine Petition, die von über 115.000 Menschen unterzeichnet wurde, an Finanzstaatssekretär Werner Gatzer übergeben. Der Petitionstext lautet: "Sehr geehrte Staats- und Regierungschefs, bitte helfen Sie den Flüchtlingen, die zu uns kommen, ohne dass darunter die weltweit Ärmsten leiden. Entwicklungsgelder müssen gegen extreme Armut eingesetzt werden und vor allem jenen Ländern und Menschen zu Gute kommen, die am wenigsten haben."

"Um extreme Armut, Hunger und vermeidbare Krankheiten bis 2030 zu beenden, wie es sich die Staaten dieser Welt vorgenommen haben, sind wesentlich mehr Finanzmittel nötig. Gerade Deutschland muss sich hier noch stärker engagieren", forderte Kahler. Insbesondere mehr Mittel für solche Programme, die den Menschen in den am wenigsten entwickelten Ländern erwiesenermaßen helfen, Armut und Krankheit zu reduzieren, seien nötig. Dazu gehörten etwa der Globale Fonds zur Bekämpfung von Aids, Tuberkulose und Malaria sowie Maßnahmen gegen Mangelernährung.

Renate Bähr, Geschäftsführerin der Stiftung Weltbevölkerung, erklärte: "Die Erhöhung des Entwicklungsetats sogar über das vorgesehene Maß hinaus ist ein wichtiger Schritt nach vorne, den ich ausdrücklich begrüße. Erfreulich ist zudem, dass die Gelder auch mittelfristig aufgestockt werden sollen. Jedoch reichen die Mittel noch nicht aus, um die Entwicklung in den ärmsten Ländern der Welt deutlich voranzutreiben und das international vereinbarte Ziel zu erreichen, 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens für Entwicklungszusammenarbeit zu investieren."


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