Hamburg. - Die Umweltorganisation ROBIN WOOD hat scharfe Kritik am Runden Tisch für nachhaltiges Palmöl RSPO (Roundtable on Sustainable Palm Oil) geübt. Nach den Standards des RSPO wird Palmöl als angeblich nachhaltig zertifiziert. Eine neue Analyse der Umweltorganisation zeige jedoch, dass der RSPO Statistiken über die verheerenden Regenwaldbrände in Indonesien im vergangenen Jahr verzerrt darstelle und auf diese Weise offenbar versuche, die Palmölindustrie vom Vorwurf der Landnahme durch Brandrodung reinzuwaschen.
ROBIN WOOD forderte den RSPO auf, "die verzerrenden Darstellungen öffentlich richtig zu stellen und die systematische Tropenwaldvernichtung für neue Palmölflächen auch auf RSPO-Flächen zuzugeben".
ROBIN WOOD hat Zahlen analysiert, die der RSPO unter dem Titel "RSPO statement on the Indonesian forest fires" im Dezember 2015 auf seiner Website veröffentlichte. Demnach hätten von 1.643 Brandereignissen nur 61, also ca. vier Prozent, in Konzessionsgebieten für Palmöl stattgefunden und nur in zwei Fällen auf RSPO-Konzessionsflächen. Dadurch werde der Eindruck erweckt, die Brände hätten mit Palmöl kaum etwas zu tun – und mit dem RSPO noch weniger.
Eine Überprüfung dieser Statistik offenbare jedoch ein völlig anderes Bild, so ROBIN WOOD. Der RSPO habe Zahlen des unabhängigen Instituts Global Forest Watch (GFW) verwendet. Anstatt jedoch den gesamten Zeitraum der Brände von Anfang August bis Ende November 2015 zu betrachten, habe sich der RSPO auf den Zeitraum vom 1. bis 30. November 2015, dem Beginn der Regenzeit, beschränkt. Im relevanten Zeitraum (1.8.-30.11.2015) habe GFW in Indonesien über 25.000 bedeutsame Brände protokolliert – rund 15mal mehr, als der RSPO erwähne.
Zugleich habe der RSPO den geographischen Bezugsraum über alle Inseln Indonesiens unbegründet groß gefasst. Dies führe im Ergebnis zu einem enormen Verdünnungseffekt, kritisierte ROBIN WOOD. Tatsächlich lägen die meisten Palmöl-Konzessionen in Kalimantan, wo sich auch in jüngerer Zeit die meisten Konflikte wegen Landrechtsverletzungen abgespielt hätten.
Im relevanten Zeitraum von August bis November 2015 seien allein auf Kalimantan mehr als 12.000 bedeutsame Brandereignisse gemeldet worden. Fast 2.400mal habe es dort auf Palmöl-Konzessionsflächen gebrannt. Das seien mehr Brände, als der RSPO für ganz Indonesien präsentiere. 100 Brände hätten auf Flächen des RSPO stattgefunden, also 50mal mehr als der RSPO nenne, so ROBIN WOOD. Brandrodungen seien eine weit verbreitete Methode, um Flächen für den Palmölanbau vorzubereiten. Es habe in Palmölkonzessionsgebieten fast viermal häufiger als auf anderen Flächen gebrannt – die vernichtenden Brände von 2015 korrelierten also ganz deutlich mit den aktuellen Gebieten der Landnahme für Palmöl.
"Der RSPO hat die Kettensäge an die glaubwürdigen Zahlen von GFW gesetzt. Der Teil der Wahrheit, der nicht passte, wurde einfach abgesägt", sagte Sven Selbert, Tropenwald-Referent bei ROBIN WOOD. "Die Plantagenwirtschaft ist seit Jahren die treibende Kraft hinter illegalen Brandrodungen. Der RSPO ist eine Institution der Palmölindustrie. Das Siegel bietet Verarbeitern wie Wilmar, Unilever, Mars und Nestlé hierzulande die Möglichkeit, sehr billig unter den Deckmantel der Nachhaltigkeit zu schlüpfen. Die Tropenwaldvernichtung stoppt es nicht."
Im Herbst 2015 waren Bilder von brennenden Tropenwäldern in Indonesien und asiatischen Städten im dichten Smog um die Welt gegangen. 20.000 Quadratkilometer Regenwald, eine Fläche vergleichbar mit der Größe des Bundeslandes Sachsen, wurde eingeäschert. Die Weltbank schätzte den finanziellen Schaden der verheerendsten Tropenwaldbrände seit 1997 für die indonesische Wirtschaft auf mehr als das Doppelte der Kosten des Wiederaufbaus in der Region Aceh nach dem Tsunami 2004.
Quelle: www.robinwood.de