suedsudanJuba. - In der südsudanesischen Hauptstadt Juba hat sich die Lage aufgrund der Waffenruhe am Freitag etwas entspannt. Hilfsorganisationen haben wieder damit begonnen, die hungernde Bevölkerung mit Nahrungsmitteln zu versorgen. Die wenigen Lebensmittel auf den Märkten könnten sich viele Menschen nicht leisten, berichteten World Vision und die Salesianer Don Boscos aus Juba. Probleme bereiteten auch die Versorgung der vielen Binnenflüchtlinge und die schwierige Logistik.

Mitarbeiter der Kinderhilfsorganisation World Vision verteilten Spezialnahrung für über 700 hungernde Kinder in Juba. Die Kinder hatten sich wegen der Kämpfe der vergangenen Tage in Kirchen und Schulgebäude geflüchtet. Am Freitag begann das Team aus lokalen und internationalen Helfern auf dem Gelände Tongping der UN-Mission weitere hungernde Menschen mit Lebensmitteln versorgen. Die ausgeteilten Rationen reichen jeweils für zwei Wochen.

World Vision Mitarbeiter Jeremiah Young beschrieb die Lage als "ruhig, aber sehr angespannt". "Viele Menschen trauen sich wieder auf die Straße, aber sie hungern. Es gibt kaum Lebensmittel auf den Märkten, und das wird vermutlich noch eine Weile so bleiben. Was es zu kaufen gibt, können sich viele nicht leisten. In ihrer Not stehlen oder plündern manche, und das ist traurig zu sehen. Wir wissen, dass die meisten Leute nicht gerne zu solchen Überlebenstaktiken greifen, und deshalb ist es wichtig, dass wir rausgehen und helfen die Not der Vertriebenen zu lindern."

World Vision hat auch in anderen Teilen des Landes, in den Bundesstaaten West-Equatoria, Warrap, Bahr-El-Ghazal und Upper Nile, seine Arbeit wieder aufgenommen. Die akuten Bedürfnisse der verängstigten und vertriebenen Bevölkerung in der Hauptstadt seien Teil einer sehr großen humanitären Krise. Mehr als 4,8 Millionen Menschen waren schon vor Ausbruch der neuen Gewalt nicht in der Lage sich selbst ausreichend zu ernähren. Die meisten Experten erwarten, dass sich die Lage weiter verschlechtert, wenn nicht rasch Hilfe mobilisiert werden kann, insbesondere für Binnenflüchtlinge und die in den Städten lebenden armen Familien. In diese Hilfsmaßnahmen müssten nun auch noch viele Bewohner von Juba einbezogen werden.

Die Entsendung von Mitarbeitern und der Transport von Hilfsgütern sind nach aktuellen Informationen noch schwieriger als in ruhigeren Zeiten, berichteten die Mitarbeiter in Juba. Es gebe zur Zeit zum Beispiel keine Inlandsflüge, und wegen der Regenzeit seien viele Straßen für Lastwagen nicht nutzbar. Internationale Flüge würden vor allem für Evakuierungen genutzt. In Juba sei Benzin sehr knapp, da viele Tankstellen in Juba geschlossen seien. Der Benzinmangel beeinträchtige auch die Stromversorgung mit Generatoren. Einige Grenzen zu Nachbarländern seien geschlossen, so dass sich die Menschen ebenfalls nicht über das Ausland mit Gütern versorgen könnten.

Am wichtigsten sei für die Südsudanesen, deren Hoffnung auf Frieden und Stabilität in den letzten Tagen erneut massiv erschüttert wurde, dass ihr Land nicht wieder im Krieg versinkt. Die Arbeit daran dürfe auch von der internationalen Staatengemeinschaft nicht aufgegeben werden, fordert Ekkehard Forberg, Experte für Friedensförderung bei World Vision Deutschland:

"Diplomatie ist jetzt wichtiger denn je. Es muss Druck auf die Konfliktparteien ausgeübt wird, damit die beiden Kontrahenten (Präsident Kiir und Vize-Präsident Salva Kiir) ernsthafte Verhandlungen führen und schnelle Fortschritte erzielen. Dabei ist die Kasernierung der Truppen beider Seiten und letztlich die Zusammenführung der verschiedenen Ameen und Milizen entscheidend. Kommen jetzt nicht schnell Verhandlungen in Gang, wird vor allem die dringend auf Nahrungsmittel, sauberes Wasser und medizinische Hilfe angewiesene Bevölkerung darunter leiden."

ZUFLUCHT BEI DEN SALESIANERN

Aufgrund der Gewalt im Südsudan suchten immer mehr Menschen auch Zuflucht bei den ortsansässigen Salesianern Don Boscos. Auf dem Don Bosco Gelände in Juba habe sich die Zahl der Flüchtlinge fast verdoppelt, berichtete die Organisation am Freitag. Mehr als 4.000 Menschen, vor allem Frauen und Kinder, hätten dort Schutz vor Artilleriebeschuss und willkürlicher Gewalt gesucht.

"Es wird immer schwieriger, Lebensmittel zu beschaffen und die Preise steigen stündlich. Ein großes Problem ist auch, dass es keine Ärzte gibt. Zusammen mit den Schwestern versuchen wir eine medizinische Grundversorgung zu leisten, was aber mit unseren knappen personellen Ressourcen immer schwieriger wird", so Pater David Tullimelli SDB in Juba. Tausende Menschen schlafen zurzeit in der Kirche und den Don Bosco Schulgebäuden, weil ihre Häuser zerstört sind und sie Angst vor weiteren Übergriffen haben.

Die Salesianerbrüder versuchen gemeinsam mit den Don Bosco Schwestern die Flüchtlinge mit Essen und Wasser zu versorgen. "Wir hoffen sehr auf internationale Unterstützung, denn hier spielt sich eine menschliche Tragödie ab", so Pater David. Die Flüchtlinge hätten praktisch alles verloren. Fast jeder habe den Verlust eines Familienangehörigen zu beklagen und viele Kinder würden vermisst. Zudem seien viele Flüchtlinge traumatisiert.

"Ihre Geschichten zu hören, ist schrecklich, aber sie brauchen jemanden, der ihnen zuhört", so der Salesianerpater. Die meisten ausländischen Mitarbeiter würden zurzeit evakuiert. Für Tullimelli ist das keine Option. Die Salesianer würden bleiben, da sie hier am meisten gebraucht werden.

Die katholische Ordensgemeinschaft ist an vier Standorten im Südsudan in der Jugendhilfe und der Gesundheitsversorgung tätig. Die Arbeit begann in den 1980er Jahren. In Juba und Wau leiten die Salesianer eine der wenigen technischen Berufsschulen des Landes. Schon seit mehreren Jahren ist die Pfarrei in Juba Anlaufstelle zahlloser Flüchtlinge aus entfernteren Teilen des Landes. Auch in Wau im Norden des Landes warten rund 5.000 Menschen auf internationale Hilfe.

Quellen: www.worldvision.de | www.donboscomission.de 


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