Berlin. - Der Nordwesten Syriens steht an der Schwelle zu einer humanitären Katastrophe, warnt Save the Children. Krankenhäuser, Schulen und die zivile Infrastruktur würden willkürlich bombardiert, Hilfsgüter kämen nicht zu den notleidenden Menschen durch, berichtete die Kinderrechtsorganisation. Sie forderte anlässlich der Konferenz der International Syria Support Group am Dienstag in Genf einen sofortigen Waffenstillstand und ungehinderten Zugang für humanitäre Hilfe.
Das medizinische Labor in einem Gesundheitszentrum Idlibs, das den einzigen Computertomographen der Stadt besaß, sei zerstört worden, berichtete Save the Children. Die einzige Kinderklinik in Aleppo sei zerbombt worden und habe schließen müssen, ebenso wie viele andere ambulante Kliniken. Patienten in kritischer Verfassung könnten Aleppo wegen der Belagerung nicht verlassen und riskierten so ihr Leben. Ärzte und humanitäre Helfer arbeiteten unter unvorstellbaren und sehr gefährlichen Bedingungen. Die ständigen Luftangriffe hinderten Nothilfeteams daran, Kinder und Familien aus den Trümmern zu retten.
"Die Bevölkerung in Aleppo musste jahrelang Bombardements ertragen. Nun droht ihnen noch der Hungertod. Die Vorräte werden in den nächsten Wochen zu Ende gehen, wenn weiterhin keine Hilfsgüter durchgelassen werden. Es ist eine Schande, dass wir seit sechs Monaten nur leere Versprechungen bezüglich der Hilfslieferungen hören, während sich vor unseren Augen die womöglich schlimmste Belagerung täglich weiter verschärft. Die internationale Glaubwürdigkeit steht auf dem Spiel, wenn jetzt nicht gehandelt wird. Hilfe muss jetzt zugelassen werden, bevor noch mehr Kinder sterben", erklärte Sonia Khush, Save the Children Länderdirektorin in Syrien. Sie forderte die Teilnehmer der Konferenz zum Handeln auf.
Mitarbeiter von Save the Childrens Partnerorganisationen in Aleppo berichteten, dass am dringendsten Lebensmittel und Benzin benötigt werden. Brot, Obst und Gemüse seien kaum noch vorhanden, seit die Hauptstraße in und außerhalb der Stadt zerstört wurde. Rund 300.000 Menschen lebten nun in der belagerten Stadt – etwa 60 Prozent von ihnen seien Frauen und Kinder. In dieser Woche sei ein Lagerhaus einer Partnerorganisation von Save the Children während eines Luftangriffs zerstört worden. Darin hätten sich Lebensmittel für rund 10.000 Familien befunden. Der Preis für Benzin, das für Wasserpumpen und medizinische Versorgung existenziell wichtig ist, habe sich verdreifacht. Sämtliche Schulen in Aleppo müssten bis zum 12.August geschlossen bleiben, weil das Risiko für die Kinder zu hoch sei.
Idlib wurde Save the Children zufolge in den letzten Tagen von mehr als 100 Luftangriffen getroffen. Etwa 4.000 Familien (20.000 Menschen) seien in der letzten Woche aus Idlib geflohen. Save the Children und lokale Partnerorganisationen verteilten Bargeld, damit die Menschen sich Lebensmittel und andere dringend benötigte Güter kaufen können. Außerdem betreibe die Kinderrechtsorganisation vier mobile Kliniken in der Region, um kranken Kindern und Müttern zu helfen.
Quelle: www.savethechildren.de