Dar es Salaam/Hamburg (epo). - Das deutsche Unternehmen Gauff Ingenieure und der britische Konzern Biwater haben den Staat Tansania nach der gescheiterten Privatisierung der Wasserversorgung in Dar es Salaam auf Schadenersatz verklagt. Dies hat die britische Lobby-Organisation "World Development Movement" (WDM) bekannt gegeben. WDM startete bereits am 1. Dezember in Großbritannien eine Kampagne dagegen, dass eines der ärmsten Länder der Welt nach dem desaströsen Ende des Privatisierungsprojekts nun auch noch hohe Zahlungen an die privaten Betreiber leisten soll.
Biwater und Gauff Ingenieure (Nürnberg) hatten ein Joint Venture gegründet und im Dezember 2002 zusammen mit einem tansanischen Unternehmen den Zuschlag erhalten, die Wasserversorgung der größten tansanischen Stadt Dar es Salaam privat zu betreiben. Der Vertrag zwischen der tansanischen Regierung und "City Water Services Ltd." (CWS), dem Joint Venture der Firmen Gauff Ingenieure (Deutschland), Biwater (UK) und Super Doll Trailer Manufacturers Company Ltd (Tansania) sollte über zehn Jahre gehen.
Dieser Schritt ging zurück auf den jahrelangen massiven Druck von Weltbank und Internationalem Währungsfonds (IWF) auf die tansanische Regierung, die Wasserversorgung zu privatisieren. Die Leistungen der neuen Betreiber waren laut Studien britischer Entwicklungsorganisationen aber so schlecht, dass die tansanische Regierung am 13. Mai 2005 bekannt gab, die Wasserversorgung von Dar es Salaam wieder in staatlicher Regie zu übernehmen.
Am 2. November haben Biwater und Gauff vor dem "International Centre for Settlement of Investment Disputes" Klage gegen den tansanischen Staat erhoben. Diese Einrichtung, die zur Weltbank-Gruppe gehört, soll Konflikte zwischen ausländischen Investoren und Regierungen schlichten und kann hohe Strafen verhängen.
Die Klage ist sowohl in Tansania als auch in Großbritannien auf Widerstand gestoßen. Andrew Mushi von der "Tanzania Association of Non-Governmental Organisations" erklärte: "Wir unterstützen unsere Regierung uneingeschränkt darin, dass sie den Vertrag mit Biwater gekündigt hat, und wir sind der Auffassung, dass es unfair ist, dass Biwater unsere Regierung verklagt, denn die Last für die Zahlung der Rechtskosten wird auf das tansanische Volk zurückfallen. Wir werden eine Kampagne starten gegen die Privatisierung der Wasserversorgung in unserem Land und gegen die Klage, die gegen uns erhoben wurde."
Benedict Southworth, der Direktor des "World Development Movement", erklärte: "Dies ist eine absolute Schande. Tansania ist eines der ärmsten Länder der Welt, und nun werden die Bürgerinnen und Bürger Tansanias dafür bestraft, dass sie das Opfer einer verfehlten Politik wurden, die sie nicht gewollt hatten. Der Privatisierung, eine Bedingung für einen Schuldenerlass, fehlt jede ernsthafte Legitimität. Biwater konnte die Leistungen nicht erbringen, so dass die Menschen vor Ort berichteten, dass sich die Wasserversorgung in vielen Gebieten verschlechterte und kein Wasser aus den Hähnen kam. Gleichzeitig hat Biwater brutale Methoden genutzt und massenweise Wasseranschlüsse gekappt."
Die Entwicklungsorganisation "ActionAid" hatte im Dezember 2004 eine kritische Studie zur Privatisierung in Dar es Salaam unter dem Titel "Turning off the taps" veröffentlicht. Schon vorher hatten die beiden britischen Entwicklungsorganisationen "WaterAid" und "Tear Fund" in der Studie "Water Reform and PSP in Dar es Salaam" die Defizite des Privatisierungsprozesses aufgezeigt. Schließlich hatte die tansanische Regierung ein unabhängiges Gutachten eingeholt, bevor es die Privatisierung beendete, das die Leistungsdefizite der privaten Betreiber ebenfalls nachwies.
Unter diesen Umständen stößt die Klage von Biwater und Gauff sowohl in Tansania als auch in Großbritannien auf Unverständnis. Das "World Development Movement" will Biwater mit seiner Kampagne zur Rücknahme der Klage veranlassen. Das deutsche Unternehmen Gauff Ingenieure, das sich zu den "international 100 erfolgreichsten Planungsbüros" zählt, verweist auf seiner Website noch immer auf das tansanische Joint Venture, ohne auf den Konflikt um die gescheiterte Privatisierung und die juristischen Auseinandersetzungen einzugehen. Eine Anfrage von Entwicklungspolitik Online an die Leitung des Unternehmens (Motto: "The engineers with the broader view") nach den Gründen für die Klage blieb bislang unbeantwortet.
Kampagne des World Development Movement
Gauff Ingenieure
Der Autor, Frank Kürschner-Pelkmann, betreibt die Website www.wasser-und-mehr.de (Red.)