oneBerlin. - Die entwicklungspolitische Lobby-Organisation ONE warnt in ihrem aktuellen Data Bericht "Eine Welt im Wandel braucht starke Antworten" vor zunehmender globaler Instabilität. Noch nie zuvor habe es zeitgleich so viele humanitäre Krisen und entwicklungspolitische Herausforderungen gegeben wie heute. Gleichzeitig seien aber aufgrund der Flüchtlingskrise die Budgets für Entwicklungshilfe ausgereizt. Es drohe eine Vernachlässigung der Armutsbekämpfung.

Noch immer lebten nahezu 900 Millionen Menschen in extremer Armut, also von weniger als 1,90 US-Dollar am Tag, erklärte ONE. Der Bedarf an humanitärer Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit sei höher denn je, und er steige täglich. Die Budgets der Entwicklungshilfe seien bis zum Äußersten angespannt. Es seien nicht genug Finanzmittel vorhanden, um aktuelle Krisen und internationale Armutsbekämpfung gleichzeitig zu finanzieren. Hinzu komme, dass viele Staaten die Mittel, die eigentlich für die Bekämpfung extremer Armut auf der Welt gedacht sind, für die Versorgung von Flüchtlingen im Inland ausgeben.

"Wird Entwicklungshilfe weiter zweckentfremdet, kann sich der Kreislauf der extremen Armut und der extremen Ideologie verstärken. Dies kann langfristig Instabilität und Risiko für die ganze Welt bedeuten. Außerdem setzen wir die großen Erfolge bei der Bekämpfung von vermeidbaren Krankheiten und der HIV/Aidsbekämpfung aufs Spiel", sagte Stephan Exo-Kreischer, Deutschland-Direktor von ONE. 2015 wendeten die OECD-DAC-Staaten insgesamt 12 Milliarden US-Dollar an Entwicklungshilfe für Flüchtlinge im Inland auf anstatt für den Kampf gegen extreme Armut in Entwicklungsländern. Das sei fast doppelt so viel wie die Geberstaaten 2014 auf dem gesamten afrikanischen Kontinent für Gesundheit ausgaben.

"Flüchtlingen muss geholfen werden", sagte Exo-Kreischer. "Allerdings darf das Geld für die Unterstützung der geflüchteten Menschen im Inland nicht aus dem Topf kommen, dessen Ziel die Beendigung extremer Armut in Entwicklungsländern ist. Ein Beispiel: Deutschland allein hat im vergangenen Jahr mehr Geld für die Versorgung von Flüchtlingen im eigenen Land aufgewendet, als von der gesamten Gebergemeinschaft nach Äthiopien floss."

Deutschlands Entwicklungshilfe (Official Development Aid – ODA) lag 2015 bei knapp 16 Milliarden Euro. Damit sei sie um knapp 30 Prozent im Vergleich zu 2014 gestiegen, so ONE im Data-Bericht. 2,7 Milliarden Euro davon seien allerdings Kosten für Flüchtlinge im Inland gewesen. Abzüglich dieser Kosten, sei die ODA 2015 nur um 8,56 Prozent gestiegen. Sorge bereite zudem, dass die Hilfe für die Länder südlich der Sahara um knapp 2,5 Prozent auf 2,7 Milliarden Euro gesunken sei.

Dennoch gebühre Deutschland Lob, erklärte ONE: Alle Kosten für die Versorgung von Flüchtlingen im Inland seien im Gegensatz zu vielen andern Ländern zusätzlich zu der bestehenden Entwicklungshilfe geleistet worden. Damit sei zwar die ODA-Quote auf 0,52 Prozent künstlich aufgebläht worden (0,43 Prozent ohne diese Ausgaben), aber es seien keine Mittel von lebensrettender Entwicklungshilfe abgezogen worden.

Es sei wichtiger denn je, die Lebensbedingungen der Menschen in armen und fragilen Staaten zu verbessern, mahnte ONE. Schätzungen zufolge würden 2018 mehr als die Hälfte der extrem armen Menschen in fragilen Staaten leben. Instabilität und Unsicherheit habe 2015 eine Rekordzahl von 65,3 Millionen Menschen zur Flucht veranlasst. Hielten die Trends an, würden sich die Kosten der humanitären Hilfe bis 2030 auf 50 Milliarden US-Dollar verdoppeln – zu dem Zeitpunkt, an dem die Nachhaltigen Entwicklungsziele (SDG) erreicht werden sollen.

Die internationale Gemeinschaft müsse einen Weg finden, diese Herausforderungen politisch und finanziell zu bewältigen, fordert ONE. Dabei müsse Transparenz oberste Priorität haben, um Mittelflüsse nachzuverfolgen. Aktuell gebe es kein einheitliches System für die Nachverfolgung von Mitteln, Fortschritten, Ergebnissen oder der Einhaltung von Zusagen von Staaten und Flüchtlingsorganisationen.

"Es ist nicht weniger als ein Paradigmen- und Politikwechsel nötig", betonte Stephan Exo-Kreischer. Um Flüchtlingen helfen zu können und tödliche Krankheiten und extreme Armut zu beenden, müssen Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe ins Zentrum der Außen- und Sicherheitspolitik rücken."

=> ONE Data Bericht "Eine Welt im Wandel braucht starke Antworten"

Quelle: www.one.org/de 


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