ai orgBerlin. -  In Pakistan werden Blasphemiegesetze häufig instrumentalisiert, um falsche Anschuldigungen gegen religiöse Minderheiten und andere Personen zu erheben. Oft werden die Beschuldigten bedroht oder sogar in einem Akt der Selbstjustiz getötet. Dies hat Amnesty International in einem neuen Bericht dokumentiert.

"Es liegen erdrückende Beweise dafür vor, dass die pakistanischen Blasphemiegesetze gegen die Menschenrechte verstoßen und Zivilpersonen dazu ermutigen, das Gesetz selbst in die Hand zu nehmen. Sobald Anschuldigungen erhoben werden, finden sich die Betroffenen in einem System wieder, das ihnen nur wenige Schutzgarantien bietet, ihre Unschuld nicht voraussetzt und sie nicht vor Gewalt schützt", so Audrey Gaughran, Leiterin der Abteilung Globale Themen von Amnesty International.

Der neue Amnesty-Bericht "'As good as dead': The impact of the blasphemy laws in Pakistan" zeigt auf, dass Personen, denen in Pakistan Blasphemie vorgeworfen wird, ihre Unschuld nur unter größten Schwierigkeiten beweisen können. Selbst wenn sie freigesprochen und - in aller Regel nach langen Verzögerungen - aus dem Gewahrsam entlassen werden, befinden sich die Betroffenen unter Umständen weiterhin in Lebensgefahr.

Sobald eine Person der Blasphemie beschuldigt wird, kann sie von der Polizei ohne Überprüfung der Fakten festgenommen werden. Angesichts aufgebrachter Menschenmengen, darunter auch Geistliche und deren Unterstützerinnen und Unterstützern, übergibt die Polizei die Fälle oft ohne Prüfung der Beweislage an die Staatsanwaltschaft. Sobald Anklage erhoben wurde, kann den Betroffenen die Freilassung gegen Kaution verweigert werden, und ihnen drohen lange und unfaire Gerichtsverfahren, so Amnesty.

Häufig wird den Betroffenen Gewalt angedroht, weil sich bestimmte Gruppen oder Einzelpersonen berechtigt fühlen, Selbstjustiz zu üben und die Beschuldigten und/oder andere ihnen nahestehende Personen wie Rechtsbeistände, Familienangehörige und Gemeindemitglieder zu bedrohen oder zu töten.

Aus dem Bericht geht zudem hervor, dass auch Personen wie Rechtsbeistände, Polizistinnen und Polizisten, Staatsanwältinnen und -anwälte und Richterinnen und Richter sowie andere Bedienstete des Strafjustizsystems in einem Klima der Angst operieren, was sie daran hindert, ihre Arbeit wirksam, unparteiisch und angstfrei zu erledigen.

Der Bericht zeigt deutlich, dass die pakistanischen Blasphemiegesetze oft missbraucht werden und Menschenrechtsverstößen Vorschub leisten. Sie verstoßen gegen die völkerrechtlichen Verpflichtungen Pakistans zur Achtung und zum Schutz von Menschenrechten wie dem Recht auf Religions- und Glaubensfreiheit und dem Recht auf freie Meinungsäußerung. Amnesty International fordert die Aufhebung dieser Gesetze und erwartet, dass alle neu eingeführten Gesetze in vollem Umfang mit dem Völkerrecht und internationalen Normen konform gehen.

In dem Bericht wird dokumentiert, wie diese Gesetze gegen die schutzbedürftigsten Gruppen der Gesellschaft eingesetzt werden, so zum Beispiel gegen in Armut lebende Menschen und Kinder sowie gegen Personen mit geistigen Beeinträchtigungen und Angehörige religiöser Minderheiten.

Laut einer Stellungnahme des Obersten Gerichtshofs Pakistans "basieren die meisten Blasphemiefälle auf falschen Anschuldigungen" und werden aus niederen Beweggründen zur Anzeige gebracht. Solche Beweggründe werden von den Behörden nur selten untersucht. Bei ihnen handelt es sich wahlweise um berufliche Rivalitäten, persönliche Auseinandersetzungen, religiöse Streitigkeiten oder die Hoffnung auf wirtschaftliche Vorteile.

"Die in dem Bericht beschriebenen Fälle zeigen eindrucksvoll auf, dass die vage formulierten Gesetze unzulängliche Schutzmechanismen bieten und leicht instrumentalisiert werden können. (...) Der Amnesty-Bericht enthält eine Reihe von Empfehlungen an die Behörden. Sie sollten diese Gesetze aufheben und umgehend Schutzgarantien einführen, um fragwürdige strafrechtliche Verfahren zu verhindern", so Audrey Gaughran.

=> Amnesty Bericht "'As good as dead': The impact of the blasphemy laws in Pakistan"

Quelle: amnesty.de


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