gfbvGöttingen. - Als unrealistisch und völkerrechtlich fragwürdig hat die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) die Forderung der CSU-Landesgruppe im Bundestag bezeichnet, im Mittelmeer gerettete Flüchtlinge nicht nach Europa, sondern nach Afrika bringen zu lassen. "Sowohl Ägypten als auch Libyen, von deren Küsten die meisten Flüchtlingsboote aufbrechen, bieten keine Gewähr für einen wirksamen Schutz von Fliehenden: In beiden Staaten werden Menschenrechte massiv verletzt", sagte GfbV-Afrikareferent Ulrich Delius am Donnerstag in Göttingen.

Zudem würde eine Abweisung der in Seenot geratenen Flüchtlinge auch gegen den in Artikel 33 der Genfer Flüchtlingskonvention festgelegten völkerrechtlichen Grundsatz der Nichtzurückweisung verstoßen. "Wenn Politiker solche Forderungen erheben wie jetzt die CSU, müssen sie auch Wege aufzeigen, wie sie realistisch umgesetzt werden können. Wenn dies nicht gelingt, bleibt nicht mehr als populistisches Wahlkampfgetöse", kritisierte Delius.

Libyens Innenministerium hat erst am Mittwoch darauf aufmerksam gemacht, dass der von einem lang anhaltenden Bürgerkrieg erschütterte Staat schon jetzt mit der Betreuung und Unterbringungen von Flüchtlingen vollkommen überfordert ist. Katastrophale humanitäre Versorgung, Folter und Willkür bestimmten das Leben der meisten der 77.000 Flüchtlinge und Migranten, die in Aufnahme-Einrichtungen in Libyen festgehalten werden, so die GfbV. Denn mit 13.000 Personen befinde sich nur ein knappes Sechstel dieser Flüchtlinge in den 33 staatlichen Aufnahmelagern. Der Rest werde von Warlords und bewaffneten Milizen unter katastrophalen Bedingungen festgehalten. "Im Mittelmeer gerettete Flüchtlinge diesen willkürlich mordenden Milizen oder den überforderten Behörden Libyens anzuvertrauen, wäre humanitär und völkerrechtlich nicht zu verantworten", sagte Delius.

Nicht viel besser sei die Lage in Ägypten. Von dort brechen die meisten Flüchtlingsboote auf. Rassismus, Übergriffe auf Flüchtlinge und immer neue Einschränkungen von grundlegenden Menschenrechten prägten dort das Leben vor allem nicht-arabischer Flüchtlinge aus anderen Staaten Afrikas. Vor massiver Verfolgung aus Äthiopien geflohene Oromo versuchten dort verzweifelt seit Monaten vergeblich, vom lokalen Büro des UN-Hochkommissariats für Flüchtlinge (UNHCR) als politische Flüchtlinge anerkannt zu werden. Im Juli 2016 starben zwei Oromo-Flüchtlinge bei einer Selbstverbrennung.

Vollkommen unrealistisch ist nach Einschätzung der GfbV die Erwartung, Tunesien werde gerettete Flüchtlinge aufnehmen. Der verarmte Staat habe selbst enorme politische und wirtschaftliche Probleme zu bewältigen und wäre mit der Aufnahme und Betreuung von Boatpeople überfordert.

Quelle: www.gfbv.de 


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