Berlin. - Die kamerunische Armee zwingt nigerianische Flüchtlinge, in das Konfliktgebiet im Nordosten Nigerias zurückzukehren. Davon hat Ärzte ohne Grenzen am Mittwoch berichtet. Auch innerhalb des nigerianischen Bundesstaats Borno sind seit Jahresbeginn weitere Zehntausende auf der Flucht vor Gewalt und Unsicherheit. Die nigerianische Armee und die bewaffnete Gruppe Boko Haram bekämpfen sich in Borno seit Jahren.
In der Stadt Banki auf der nigerianischen Seite der Grenze zu Kamerun haben Teams von Ärzte ohne Grenzen seit dem vergangenen Jahr mehrfach beobachtet, dass das kamerunische Militär nigerianische Flüchtlinge nach Nigeria zurückführt. "Wir lebten seit mehr als einem Jahr in Kolofata in Kamerun", berichtete ein nigerianischer Flüchtling. "Eines Tages beschloss man plötzlich und ohne Erklärung, uns nach Nigeria zurückzuschicken. Wir hatten nicht darum gebeten. Sie haben uns gezwungen, wir hatten keine andere Wahl." Die Vertriebenen in Banki leben in einem geschlossenen Lager, sie können sich nicht frei bewegen. Auch in der Stadt Pulka berichteten Rückkehrer, sie hätten Kamerun verlassen, weil sie eine gewaltsame Abschiebung befürchteten.
In Borno selbst haben Angriffe durch Boko Haram, Militäroperationen und der Mangel an Nahrungsmitteln und Grundversorgung weitere Zehntausende aus unsicheren ländlichen Gebieten vertrieben. In der Stadt Pulka sind seit Januar mehr als 11.000 Menschen angekommen. Die Einwohnerzahl der Stadt ist damit um mehr als ein Drittel gestiegen. Schon zuvor waren die Ressourcen für Hilfe knapp. In der entlegenen Ortschaft Rann sind ebenfalls mehr als 10.000 Vertriebene angekommen und täglich kommen neue hinzu. In Dikwa wurden allein in den letzten beiden Märzwochen 2.000 Neuankömmlinge registriert.
Die Vertriebenen kommen aus Gebieten im Osten Bornos, die nach wie vor unzugänglich und von humanitärer Hilfe völlig abgeschnitten sind. Die Menschen sind häufig bei schlechter Gesundheit und vollständig auf Hilfe angewiesen. Sie können auch in den Städten nicht selbst für ihren Lebensunterhalt sorgen, da ihre Bewegungsfreiheit durch das nigerianische Militär eingeschränkt wird, was eine landwirtschaftliche Tätigkeit praktisch unmöglich macht.
"Die Lebensbedingungen sind schrecklich“, sagt Silas Adamou, Projektleiter in Rann. „Es fehlt den Menschen an allem. Sie leben in notdürftigen Verschlägen unter freiem Himmel und müssen mit weniger als fünf Liter Wasser pro Person und Tag überleben. Sie sind gezwungen, Wasser aus schlammigen Pfützen zu nehmen. Wir behandeln viele Menschen mit Durchfallerkrankungen, weil die Menschen das Wasser trinken und krank werden."
Quelle: aerzte-ohne-grenzen.de