Zürich. - Vertrauliche Dokumente zeigen nach Angaben von Public Eye (ehemals Erklärung von Bern), dass die Schweiz Atrazin und Paraquat in Entwicklungsländer exportiert, obwohl die von Syngenta produzierten Herbizide aufgrund ihres hohen Giftgehalts in der Schweiz verboten sind. Die nichtstaatliche Organisation fordert von den Schweizer Behörden, "dass sie dieser Doppelmoral ein Ende setzen und die im Rahmen der Basler Konvention eingegangenen Verpflichtungen erfüllen". Dazu wurde auch eine parlamentarische Interpellation eingereicht.
Zwischen 2012 und 2016 sind Public Eye zufolge in der Schweiz vier Paraquat- und dreizehn Atrazinexporte verzeichnet worden. Diese seien nach Argentinien, Brasilien, Kamerun, China, Indien, Pakistan, Peru und Thailand gegangen. Auf den Dokumenten, die Public Eye unter Berufung auf dass Öffentlichkeitsrecht von der Bundesverwaltung erhalten habe, sei der Absender zwar nicht zu erkennen. Dennoch bestehe kein Zweifel, dass es sich um Syngenta handele. Mit fast zehn Milliarden Dollar Umsatz im Jahr 2016 dominiere das Basler Unternehmen den Weltmarkt für Pestizide. Und mit einem Marktanteil von 40 bzw. 50 Prozent auch den Verkauf von Paraquat und Atrazin. Der Gesamtwert der Schweizer Herbizidexporte habe 2016 rund 180 Millionen Franken betragen.
Wegen ihrer Gefährlichkeit für Gesundheit und Umwelt sind Paraquat und Atrazin in der Schweiz und der EU verboten. Sie gehören zu den giftigsten Schädlingsbekämpfungsmitteln weltweit: Paraquat verursacht jährlich tausende von Vergiftungsfällen und steht in Zusammenhang mit chronischen Krankheiten wie Parkinson. Atrazin wiederum beeinträchtigt das Fortpflanzungssystem und erhöht das Krebsrisiko. Im April forderte Public Eye vom Bundesamt für Umwelt (BAFU) deshalb in einem Brief, "der skandalösen Schweizer Doppelmoral, die in einigen Fällen gegen die Basler Konvention über die Kontrolle der grenzüberschreitenden Verbringung gefährlicher Abfälle verstösst, endlich ein Ende zu setzen". In einer parlamentarischen Interpellation hat die grüne Nationalrätin Lisa Mazzone vom Bundesrat eine Stellungnahme zu diesem illegitimen Vorgehen verlangt.
Pestizide verursachen jährlich rund 200.000 Todesfälle durch akute Vergiftung, 99 Prozent davon in Entwicklungsländern, so Public Eye. Für die UN-Sonderbeauftragten für Giftmüll und das Recht auf Nahrung "stellt die Tatsache, dass man die Bevölkerung anderer Länder Giftstoffen aussetzt, welche nachweislich schwerwiegende Gesundheitsprobleme oder sogar den Tod herbeiführen, eine Verletzung der Menschenrechte dar". Die Schweiz müsse endlich Verantwortung übernehmen und den Export von Paraquat, Atrazin sowie aller anderen gefährlichen Pestizide verbieten, deren Verwendung im eigenen Land untersagt ist, so Public Eye.
Mit der Übernahme von Syngenta durch ChemChina würden die Konzentration auf dem Pestizidmarkt und der Einfluss von Grosskonzernen weiter verstärkt, befürchtet Public Eye. Heute schon kontrollierten drei Unternehmen 50 Prozent des Weltmarkts. Nach Abschluss der drei laufenden Megafusionen könnten es 70 Prozent sein. Diese Entwicklung steht aus der Sicht von Public Eye in krassem Gegensatz zur Schaffung nachhaltigerer Ernährungs- und Landwirtschaftssysteme, wie sie die Schweiz und die internationale Gemeinschaft anstreben.
Quelle: www.publiceye.ch