g20 hh 2017Berlin. - Auf der Agenda des G20-Gipfels am 6. und 7. Juli in Hamburg vermissen das evangelische Hilfswerk Brot für die Welt und die Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch eine klare Positionierung für eine nachhaltige und global gerechte Entwicklung. Von der Agenda 2030 der Vereinten Nationen und dem Pariser Klimaabkommen - zwei zentralen internationalen Verpflichtungen - sei bisher wenig die Rede, wenn es um Pläne für die Armutsbekämpfung und den Klimaschutz auf dem G20-Treffen geht, erklärten die NGOs am Mittwoch.

"Die G20 sind in keiner Weise Vorreiter oder Vorbilder bei der Umsetzung des Pariser Klima-Abkommens und der Agenda 2030", sagte Cornelia Füllkrug-Weitzel, Präsidentin von Brot für die Welt. Im Gegenteil: Die mächtigsten Industrie- und Schwellenländer und die EU würden ihrer Verantwortung für eine global nachhaltige Entwicklung gegenwärtig in keiner Weise gerecht. Obwohl die G20-Staaten weniger als zwei Drittel der Weltbevölkerung repräsentieren, seien sie für mehr als vier Fünftel der globalen Kohlendioxidemissionen verantwortlich, subventionierten fossile Energieträger nach wie vor mit Milliardenbeträgen und beanspruchten die Biokapazität der Erde weit mehr als ihnen zusteht. Sie seien die Hauptverursacher des Klimawandels, scheuten aber davor zurück, mit konkreten Zahlungsverpflichtungen zur Kompensation der jetzt schon entstandenen Klimaschäden und –verluste beizutragen. Diese treffen die armen Länder am heftigsten. 

Angesichts der weltweiten politischen Krisen, von Hunger, Flüchtlingsbewegungen, unfairen Handelsbeziehungen und unregulierten Finanzmärkten, von globaler Erwärmung, von Ausbeutung und Verlust der natürlichen Lebensgrundlagen sei die gemeinsame Handlungsfähigkeit der gesamten Staatengemeinschaft wichtiger denn je, so Brot für die Welt. Deshalb könne und dürfe die Zusammenarbeit der G20 die Global-Governance-Architektur unter dem Dach der UN, in der auch die ärmsten Entwicklungsländer vertreten sind, nicht ersetzen. Die G20 sollte stattdessen helfen, Entscheidungsprozesse in der UN zu erleichtern und effektiver zu gestalten, damit diese gestärkt werden. 

"Wir dürfen insbesondere bei den internationalen politischen Vereinbarungen im Rahmen des UN-Systems, wie dem Klima-Abkommen von Paris und der Agenda 2030, nicht hinter das Erreichte zurückfallen. Statt Abschottung und nationaler Alleingänge müssen die G20 die Versprechen einlösen, die sie mit diesen Abkommen in Paris und New York 2015 auf UN-Ebene eingegangen sind", mahnte Füllkrug-Weitzel. 

Die G20-Verhandlungen werden von Protesten, öffentlichen Kundgebungen und vielen Veranstaltungen von Kirchen und anderen zivilgesellschaftlichen Akteuren und Institutionen begleitet. "Eine starke und lebendige Zivilgesellschaft ist in einer demokratischen Gesellschaft unverzichtbar. Wenn die G20 in Hamburg zusammenkommen, dann ist es gut und richtig, wenn viele zivilgesellschaftliche Akteure auf friedliche und kreative Weise auf die Defizite und Alternativen zur aktuellen Politik der G20-Staaten deutlich hinweisen", so Füllkrug-Weitzel. "In Zeiten, in denen die Zivilgesellschaft weltweit, auch in einigen G20-Staaten, immer mehr unter Druck gerät, ist es wichtig, dass Deutschland sich mit einer vitalen Zivilgesellschaft zeigt, der am nationalen und internationalen Gemeinwohl gelegen ist und die dazu unverzichtbare Beiträge leistet. Sozial und ökologisch nachhaltige Entwicklung gibt es nicht ohne ein funktionierendes demokratisches Gemeinwesen – nicht in Deutschland und nicht weltweit."

G20 MUSS IHRER GLOBALEN VERANTWORTUNG GERECHT WERDEN

Auch die Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch erwartet von den Staats- und Regierungschefs, dass sie ihre Verantwortung für eine nachhaltige und global gerechte Entwicklung wahrnehmen. "Wir brauchen von der G20 klare Schritte zur Regulierung einer sozial und ökologisch ungezügelten Globalisierung", erklärte Klaus Milke, Vorsitzender von Germanwatch. "Zudem brauchen wir ein klares Signal der Kooperation in Zeiten, in denen autoritäre Regime und Nationalismus gefährliche Scheinantworten präsentieren." Weltweite Herausforderungen wie die Eindämmung der Klimakrise und globaler Gesundheitsprobleme oder die Sicherung der Menschenrechte auch gegenüber global agierenden Unternehmen sowie die Schaffung fairer Handelsbeziehungen ließen sich nur durch internationale Kooperation bewältigen.

Der G20-Gipfel falle zum einen in eine Zeit, in der diese notwendige Zusammenarbeit von der Trump-Regierung fundamental herausgefordert werde. Zum anderen falle er in eine Phase, in der sich die Weltgemeinschaft mit der Agenda 2030 und den UN-Zielen für nachhaltige Entwicklung sowie mit dem Pariser Klimaabkommen einen neuen verbindlichen Rahmen gesetzt hat, der auch für die G20 gelten muss. Milke: "Die G20 ist nicht das Forum, um internationale Regeln zu schaffen. Der legitime Platz dafür ist die UNO, in der auch die armen und verletzlichen Länder eine Stimme haben. Aber die G20 hat eine besondere Verantwortung für die Einhaltung der neuen internationalen Regeln. Hier treffen sich die größten Volkswirtschaften, die größten Ressourcennutzer und die größten Klimazerstörer - und die müssen die vereinbarten Abkommen und Ziele umsetzen. Es geht um die Bekämpfung der Armut, die Umsetzung der Menschenrechte, die Eindämmung der Klimakrise."

Konkret erwartet Germanwatch vom G20-Gipfel ein klares Signal, dass die überwältigende Mehrheit der G20-Staaten nun das Paris-Abkommen umsetzen wird - mit oder ohne die US-Regierung. Dafür müssen sie unter anderem ankündigen, bis zum kommenden Jahr ihre Langfristpläne für den Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas bis zur Mitte des Jahrhunderts vorzulegen. Um die wachsende globale Gesundheitsgefährdung durch Antibiotikaresistenzen zu bekämpfen, erwartet Germanwatch von der G20 konkrete Zeitpläne für das Ende der Antibiotikanutzung als Masthilfe und für den Ausstieg aus der Praxis, die für Menschen besonders wichtigen Reserveantibiotika in industriellen Tierhaltungen systematisch einzusetzen. Die von den G20-Gesundheitsministern angestrebte Verschreibungspflicht für Antibiotika sollte bis 2020 umgesetzt werden.

Quellen: www.brot-fuer-die-welt.de | www.germanwatch.org 


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