Karlsruhe. - Der asiatische Monsun ist eines der dynamischsten und energiereichsten Wettersysteme unseres Planeten. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus ganz Europa untersuchen jetzt in Nepal erstmals die oberen Bereiche des Monsuns. Anhand der Ergebnisse wollen sie das globale Klimasystem besser verstehen. 

Die Forscher des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) sind mit dem Fernerkundungsinstrument GLORIA beteiligt, das erstmalig hochaufgelöste Verteilungen verschiedenster Spurengase am oberen Rand der Monsunzirkulation liefern soll. Die Messkampagne ist Teil des Projektes StratoClim, Koordinator ist das Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI).

Während unseres Sommers hat der asiatische Monsun Einfluss auf das Wettergeschehen der gesamten Nordhalbkugel. Wie in einem riesigen Fahrstuhl werden hier enorme Mengen an Luft bis in über 16 Kilometer Höhe geschleudert. Damit erreichen sie bereits den Übergangsbereich zur Stratosphäre, dem hohen Bereich der Atmosphäre, in der die Ozonschicht liegt. In der Stratosphäre verweilt die im Monsun dorthin gelangte Luft jahrelang und breitet sich weltweit aus. Satellitenbilder zeigen direkt oberhalb der Monsunregion eine dünne Wolke aus Aerosolen, in der Luft schwebende kleine Tröpfchen oder Staubkörnchen, welche sich über Südasien von der arabischen Halbinsel bis zur Ostküste Chinas erstreckt.

Aerosole können erwärmend oder abkühlend auf das Klima wirken, je nach ihrer Zusammensetzung und zum Teil in komplizierter Wechselwirkung mit Wolkenbildungsprozessen. Der Klimaeffekt von Aerosolen gilt als eine der größten Fehlerquellen bei der Vorhersage von Klimaänderungen. Die Zusammensetzung und Herkunft der Aerosolwolke über dem Monsun sowie die Prozesse, die zu ihrer Bildung führen, zählen zu den großen Rätseln der Klimaforschung. Es ist daher auch unbekannt, wie der Monsun auf Änderungen des Ausstoßes von Luftschadstoffen oder auf Klimaänderungen reagieren wird. Im Projekt StratoClim untersucht ein internationales Wissenschaftlerteam deshalb die Zusammensetzung der Luft, die sich nach dem Transport durch den Monsun in der Tropopausenregion und in der Stratosphäre ausbreitet.

Grundlage dafür sind insgesamt neun Messflüge des russischen Höhenforschungsflugzeugs Geophysika von Kathmandu aus. Mit an Bord ist das Messinstrument GLORIA, das KIT und Forschungszentrum Jülich (FZJ) gemeinsam entwickelt haben: Das Infrarotspektrometer analysiert die Höhenverteilung unterschiedlichster Spurgengase entlang des Flugpfads. Dabei haben die Forscher insbesondere Ammoniak im Blick, eine chemische Verbindung aus Stickstoff und Wasserstoff, die vor allem in der Landwirtschaft entsteht, etwa bei der Viehhaltung oder beim Einsatz von Düngemitteln. Die Forscher haben im vergangenen Jahr erstmals nachgewiesen, dass Ammonika in diesem Höhenbereich – zwischen 12 und 15 Kilometern – überhaupt vorkommt. 

Die aktuelle Messkampagne wird nun weitere Untersuchungen mit noch deutlich höherer Präzision ermöglichen. "Ammoniak ist maßgeblich an der Bildung von Aerosolpartikeln beteiligt. Nordindien und China sind Gebiete, in denen die Emission durch starke landwirtschaftliche Nutzung generell hoch ist. Unsere Messungen haben aber in keiner anderen Region Ammoniak in dieser Höhenschicht nachweisen können", sagt Michael Höpfner vom Institut für Meteorologie und Klimaforschung des KIT. "Das weist darauf hin, dass der Monsun eine wichtige Rolle bei der Bildung spielt. Es liegt nahe, dass das Ammoniak beim Aufsteigen der Luft in der Monsunzirkulation nicht vollständig ausgewaschen wird und so in die obere Troposphäre gelangt." GLORIA sei das derzeit einzige Instrument, das Ammoniak in diesen Höhen messen kann. Das Instrument ist zudem der Prototyp für AtmoSat, ein gemeinsames Satellitenprojekt von KIT und FZJ. Anfang Juli hatte der deutsche Wissenschaftsrat das Vorhaben hervorragend beurteilt.

Bei der Flugzeugkampagne in den Lufträumen Nepals, Indiens und Bangladeschs transportiert die "Geophysika" – die mit 20 Kilometern die zweifache Flughöhe von Verkehrsflugzeugen erreicht – insgesamt 25 speziell entwickelte Messinstrumente. Messungen mit Höhenforschungsballons, die von Nepal, Bangladesch, China, Indien und Palau starten, begleiten die Kampagne, die noch bis Mitte August 2017 läuft. 

"Zu verstehen, wie der Monsun auf anthropogene Emissionen und Klimaänderungen reagieren wird, ist für die direkt betroffenen Länder in Asien von nahezu existenzieller Bedeutung. Durch die Rolle des Monsuns im weltweiten Wettergeschehen und seine entscheidende Bedeutung für die Zusammensetzung der globalen Stratosphäre wird dies aber auch zu einer erheblichen Verbesserung des Verständnisses des Klimageschehens in unseren Breiten führen", erläutert Projektleiter Markus Rex vom AWI die Bedeutung der Forschung auch für Europa.

=> www.stratoclim.org

Quelle: www.kit.edu 


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