Heiko Meinhardt
Free at Last! Malawi's Democratic Transition.
Nice Project 2004; Democracy and Civic Education Studies Series

Mit der einsetzenden Welle der Demokratisierung in Afrika zum Ende der 80er Jahre geriet auch das autoritäre Regime Malawis unter Hastings Kamuzu Banda unter Druck. Zwar sollte es noch bis 1994 dauern, bevor Bakili Muluzi in freien und fairen Mehrparteienparteienwahlen zu Bandas Nachfolger gewählt werden konnte. Doch geschah dieser Übergang letztlich "erstaunlich erfolgreich" wie Meinhardt (Hamburg) in der Einleitung feststellt.

Das Buch ist im Rahmen des deutsch-malawischen Programms für Demokratie und Dezentralisierung auf Englisch erschienen und deshalb gleichermaßen an eine Leserschaft inner- und außerhalb Malawis gerichtet. Es erhebt ausdrücklich keinen Anspruch, eine "neue Theorie der Demokratisierung in der Dritten Welt" vorzulegen. Vielmehr enthält es eine gründliche Analyse des Fallbeispiels Malawi, anhand derer die verschiedenen wissenschaftlichen Modelle für Transitionsereignisse diskutiert und auf ihre Stärken und Schwächen hin überprüft werden. Die Arbeit besteht aus drei Hauptteilen. Eingangs werden die zugrunde liegenden Strukturen und Akteure untersucht, dann der Demokratisierungsprozess selbst analysiert und schließlich die neu entstandenen demokratischen Strukturen beurteilt.

Der Autor stellt Banda nicht als "klassischen Kleptokraten wie Mobutu und Amin" vor (Kap. 7) sondern als einen autoritären Landesvater, dem die Entwicklung Malawis durchaus am Herzen gelegen habe. Die Gründe für sein Scheitern seien zum einen in einer Landwirtschaftspolitik zu suchen, die die vielen Kleinbauern und das hohe Bevölkerungswachstum vernachlässige. Fest eingebunden in Bandas Patronagesystem seien dagegen die winzigen städtischen Eliten gewesen, deren Versorgung im Laufe der 80er Jahre jedoch immer schwieriger wurde. Als der Westen ab 1990 schließlich mit der politischen Konditionierung seiner Unterstützungsleistungen Ernst gemacht habe, sei die ökonomische Krise ? verschärft durch eine Dürre - in vollem Umfang und mit den Mitteln des Regimes nicht mehr kontrollierbar durchgeschlagen.

Insofern misst Meinhardt den Aktionen externer Akteure im Bezug auf Malawi große Bedeutung bei. Als profilierteste interne Interessengruppen macht Meinhardt die römisch-katholische Kirche aus, die Banda 1992 als erste in einem Hirtenbrief offen herausgefordert hatte. Auch der presbyterianischen Kirche gesteht der Autor ähnliche Bedeutung zu, während er die anderen christlichen Kirchen, die Muslimorganisation, die Industrie- und Handelskammer aber auch die Vereinigung der Rechtsanwälte und die Studenten als nur ?mäßig profilierte? Gruppen sieht. Gewerkschaften, traditionelle Autoritäten und der ?verbleibende? NRO-Sektor seien bei der Transition Malawis dagegen nur wenig hervorgetreten (Kapitel 9). Es folgen eine eingehende Analyse der Akteure auf Regimeseite, des Verhaltens der externen Kräfte, der Rolle der Medien sowie eine Beschreibung des Verhandlungsprozesses, der das Land bis zu einem Referendum vom 14. Juni 1993 führte. Hier sprachen sich über 63 Prozent der Malawier für ein Mehrparteiensystem aus ? die Zäsur, die Meinhardt als Beginn des demokratischen Transitionsprozesses im engeren Sinne setzt.

Während des Übergangs konstatiert der Verfasser eine Umkehrung der Kräfteverhältnisse innerhalb der Zivilgesellschaft aus: Während die politischen Akteure durch das Referendum nachhaltig gestärkt wurden, verlieren die ehemaligen Exilparteien, die Religionsgemeinschaften, Gewerkschaften und traditionellen Autoritäten an Einfluss. Die Reaktion des Regimes beschränkte sich im Wesentlichen auf ?Verschleppung, Tatsachenverdrehung und Manipulation? (Kap.16). Zwar rekrutierte das Regime einige reformfreundliche Politiker ? es verschaffte ihnen jedoch nie eine Machtbasis in der Exekutive oder der alten Einheitspartei. Als entscheidender Faktor stellte sich dagegen die Neutralität der Armee heraus, die die 7.000 bis 8.000 Mann starken Banda-treuen ?Malawi Young Pioneers (MYP)? im Dezember 1993 entwaffneten. Meinhardt betont in diesem Zusammenhang, dass die Armee in junge Soldaten und eine privilegierte Gruppe von Offizieren gespalten gewesen sei. Letztere seien gegenüber Banda loyal gewesen, hätten aber nicht verhindern können, dass erstere die MYP entwaffneten und sich damit möglicher Konkurrenz entledigten. Wichtig sei darüber hinaus das Engagement der Geber gewesen, die die Transition aktiv unterstützt hätten ohne dabei die ?Option der Sanktionen in der Entwicklungshilfe zu früh aufzugeben? (Kap. 17).

Nach den Parlaments- und Präsidentschaftswahlen am 17. Mai 1994, die von der Opposition gewonnen wurden, macht der Autor eine Phase der Konsolidierung und Expansion der demokratischen Strukturen in Malawi aus. Dazu zählt die Neuordnung der Gewaltenteilung, die Weiterentwicklung der demokratischen Institutionen ? insbesondere der Parteienlandschaft ? sowie die Herausbildung moderner Sozialstrukturen ? etwa funktionierender Gewerkschaften und eine veränderte und prinzipiell freie Presse- und Medienlandschaft.

Darüber hinaus fragt Meinhardt jedoch auch nach der politischen Kultur im Land und ergänzt diese Betrachtungen um eigene Feldstudien, die die Wahrnehmung der demokratischen Veränderungen auf dem Land zum Inhalt hatten: Danach steht einem grundsätzlichen Interesse an Politik nur ein geringfügiges Wissen über die Funktionsweise eines demokratischen Gemeinwesens gegenüber. Nicht zuletzt dieser Mangel an Informationen führt ? wie in vielen anderen Ländern auch ? zu überzogenen Erwartungen an die Veränderungen, die Politik anzustoßen in der Lage ist. Den Abschluss bildet ein kurzer Überblick über die erste Legislaturperiode und die Wahlen vom 15. Juni 1999.

Mit seiner vor allem historischen und politischen aber auch soziologischen Tiefenschärfe stellt das Werk eine überzeugende Darstellung einer Transition eines Staates von einer autoritären zur einer demokratischen Regierungsform dar. Es wird deutlich, dass nur eine grundlegende Ausleuchtung der Interessen, Motive und aktuellen Positionen aller relevanten Akteure eine hinreichend genaue Begründung für dass Miss- oder Gelingen eines solchen Prozesses liefern kann.

Der Autor zeigt dies kursorisch immer wieder auf: So stimmt er zum Beispiel Huntington zu, dass das Banda-Regime in Reformer und Konservative gespalten gewesen sei, verneint aber für Malawi dessen Annahme, dass ein Machtwechsel zugunsten der Reformer den Transitionsprozess ausgelöst oder auch nur begünstigt habe.

"Freedom at Last" ist ein überzeugender Beitrag zur Transitions- und Konsolidierungsforschung, weil er beweist, dass trotz des fast exemplarischen Verlaufs dieser Transition, externe Akteure - hier die Geber - eine Schlüsselrolle gespielt haben. In der Abhängigkeit von der Entwicklungshilfe könnte nach Meinhardt sogar eine Chance liegen, wenn die Geber konsequent auf einer Einhaltung demokratischer Verfahren bestehen und Akteure, die diese Prämisse außer Acht lassen konsequent mit Sanktionen bedrohen oder belegen.

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