medicoFrankfurt. - 70 Jahre nach ihrer Gründung droht die Weltgesundheitsorganisation (WHO) ihre Unabhängigkeit und ihre Legitimität als weltweit führende Institution für globale Gesundheit zu verlieren. Das befürchtet die Frankfurter Hilfs- und Menschenrechtsorganisation medico international. Private Großspender wie die Bill & Melinda Gates Stiftung könnten immer mehr Einfluss auf die WHO ausüben, erklärte medico am Mittwoch in Frankfurt am Main.

"Die Pflichtbeiträge der 194 Mitgliedsländer der WHO machen nur noch 20 Prozent des Jahresbudgets aus. Aufgrund ihrer ungesicherten Finanzierung gerät die WHO mehr und mehr in die Abhängigkeit von freiwilligen Zuwendungen. Dies ermöglicht es externen Akteuren, massiv Einfluss auf die Ausrichtung der WHO zu nehmen", sagte Andreas Wulf, Gesundheitsexperte von medico international.

Unter diesen Bedingungen sei eine angemessene Antwort auf die großen gesundheitlichen Herausforderungen wie globale Epidemien oder die wachsende Resistenz gegen Antibiotika nicht möglich. "Die Gates Stiftung betrachtet Gesundheit mit einem medizinisch-technischen Blick. Dieser Ansatz untergräbt ein breites Verständnis von globaler Gesundheit, das soziale und politische Bedingungen mit berücksichtigt, darunter den Zugang zu sauberem Wasser, die Ausbildung von Fachpersonal die Vermeidung von Krankheiten durch falsche Ernährung und vieles mehr", kritisierte Anne Jung, Gesundheitsreferentin von medico.

Mit immer neuen Freihandelsabkommen, die Menschenrechte den Wirtschaftsinteressen unterordnen, sabotierten die Regierungen der Industrienationen zudem grundlegende Errungenschaften der WHO wie das völkerrechtlich bindende Rahmenübereinkommen zur Eindämmung des Tabakgebrauchs von 2003, so medico international. Die WHO dürfe weder Dienerin oder Dienstleisterin der Wirtschaft noch ihrer Mitgliedsstaaten sein, wenn sie ihren Anspruch erfüllen wolle, weiterhin als die führende und koordinierende Institution der Weltgesundheit verstanden zu werden.

medico international fordert die Rückkehr der WHO zu ihrem menschenrechtlichen Kernauftrag, der im Mandat ihrer Gründungsdokumente 1948 verankert wurde: Der Zweck der WHO besteht darin, allen Menschen zur Erreichung des bestmöglichen Gesundheitszustandes zu verhelfen. Benötigt werde eine unabhängige und handlungsfähige Weltgesundheitsorganisation, die Konflikte mit der Wirtschaftspolitik nicht scheut, wenn dort gesundheitsgefährdende Maßnahmen beschlossen oder nicht verhindert werden.

Eine wichtige Voraussetzung dafür, dass die WHO ihre Unabhängigkeit wiedererlangen kann, ist aus der Sicht von medico eine konsequentere Anhebung der Pflichtbeiträge ihrer Mitgliedsstaaten. Die drei Prozent Erhöhung im Jahr 2017 seien "reine Kosmetik und keine grundlegende Trendwende".

Quelle: www.medico.de 


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