Berlin. - Die Diakonie Katastrophenhilfe hat am Montag vor Diskussionen über eine Rückkehr von Flüchtlingen nach Syrien gewarnt. "Allein 2017 wurden fast drei Millionen Menschen in Syrien durch die Gewalt neu vertrieben", sagte Cornelia Füllkrug-Weitzel, Präsidentin der Diakonie Katastrophenhilfe. "Noch immer verlassen täglich Tausende ihre Heimat und kein nationaler oder internationaler Kriegsakteur weiß, wie und wann dieser Krieg überhaupt beendet werden kann. Jetzt darüber zu diskutieren, ob Menschen freiwillig nach Syrien zurückkehren könnten, ist mehr als zynisch."
Immer noch kämen Waffen ins Land, und das Blutvergießen gehe weiter. Das gelte ähnlich für Afghanistan, wo allein seit Jahresbeginn 120.000 Menschen wegen Kämpfen und Anschlägen ihre Heimat verlassen mussten. "Hier werden verfehlte oder fehlende sicherheitspolitische Konzepte der letzten Jahre und Jahrzehnte auf dem Rücken traumatisierter Menschen kompensiert, weil Wahlkampf ist. Das ist dramatisch", sagte Füllkrug-Weitzel. Sicherheit und würdevolle Lebensumstände seien Grundvoraussetzungen dafür, dass Flüchtlinge in ihre Heimatländer zurückkehren können. Beides sei weder in Syrien noch in Afghanistan gegeben.
Die Lebensumstände in Syrien seien nach wie vor katastrophal – nicht nur in den noch umkämpften Zonen, wohin kaum humanitäre Hilfe vordringen kann, erklärte die Diakonie Katastrophenhilfe. Sieben von zehn Menschen im Land müssten als extrem arm gelten. Krieg und - in seiner Folge - Inflation hätten die Lebensmittel- und Gesundheitsversorgung sowie die Bildungschancen im ganzen Land massiv eingeschränkt, die Wirtschaft liege am Boden und Häuser seien vielerorts nur noch Ruinen. 5,3 Millionen Menschen lebten in Zelten, anderen Notunterkünften oder auf sehr engem Raum bei Verwandten. "Der Blick muss auf die elendigen alltäglichen Lebensumstände und die Schutzlosigkeit der Menschen in Syrien gerichtet werden und nicht darauf, wer welche Zone besetzt oder 'befreit'", so Füllkrug-Weitzel.
"Einfache medizinische Behandlungen und Medikamente sind für viele Menschen inzwischen unerschwinglich. So wird jede Schwangerschaft und jede Blinddarmentzündung zum Risiko. Da ist es lächerlich, Sicherheit für Leib und Leben allein an offenen Kampfhandlungen und Terrorausübung zu bemessen", kritisierte Füllkrug-Weitzel. Laut Genfer Flüchtlingskonvention hätten Flüchtlinge ein Recht auf Schutz und dürften nicht in Länder zurück geschickt werden, in denen ihnen Gefahr für Leib und Leben droht. "Diesen verbrieften humanitären Schutz und damit unsere Grundwerte Humanität, Solidarität und Barmherzigkeit für ein Linsengericht im Wahlkampf zu verscherbeln, ist ein irreversibler Fehler und Rückschritt in den zivilisatorischen Errungenschaften, die den Blutströmen zweier Weltkriege folgten", sagte Füllkrug-Weitzel.
Die Diakonie Katastrophenhilfe hat ihr Hilfsprogramm in Syrien in den vergangenen Monaten deutlich aufgestockt. "Große Sorge bereiten uns indes die etwa 2,3 Millionen Menschen in Gebieten, die gar nicht oder kaum zugänglich sind", berichtete Martin Keßler, Leiter der Diakonie Katastrophenhilfe. "Das Dilemma, dort nicht helfen zu können, wo Menschen die Hilfe am meisten brauchen, erleben wir nicht nur in Syrien, sondern auch in vielen anderen Ländern der Welt, weil der humanitäre Schutzgedanke von aller Welt untergraben wird."