Berlin. - Die Regierung Venezuelas kriminalisiert Großteile der jungen Bevölkerung und ist für den Tod vieler Bürger verantwortlich. Diesen Vorwurf erhebt Amnesty International in dem neuen Bericht "This is no way to live: Public security and the right to life in Venezuela". Die Behörden setzten repressive Maßnahmen mit militärischen Mittel ein, um angeblich Straftaten zu bekämpfen, heißt es in dem Bericht. Dadurch sei es zwischen 2015 und Juni 2017 zu mehr als 8.200 außergerichtlichen Hinrichtungen gekommen.
Venezuela verzeichnete laut Amnesty International 2016 die höchste Mordrate in der Geschichte des Landes: Mehr als 21.700 Menschen seien aufgrund der unsicheren Lage im Land ums Leben gekommen. Im vergangenen Jahr seien mindestens 95 Prozent der Opfer junge Männer im Alter zwischen zwölf und 44 Jahren gewesen, sie seien sowohl von Straftätern als auch von Sicherheitskräften umgebracht worden. Die Menschenrechtsorganisation geht davon aus, dass alleine 2016 zwischen 65.000 und 87.000 Menschen Opfer von Gewalt wurden. Im Jahr 2017 bezifferte die venezolanische Regierung in einem Tweet die Mordrate im Land auf 62 pro 100.000 Menschen. Dabei habe sie jedoch die von den Sicherheitskräften begangenen Tötungen völlig ausgeklammert. Nichtregierungsorganisationen gehen von einer weit höheren Mordrate (89 auf 100.000) aus.
"Venezuela erlebt eine der schlimmsten Menschenrechtskrisen in der Geschichte des Landes", sagte Erika Guevara-Rosas, Direktorin für die Region Amerika bei Amnesty International. "Die Liste der völkerrechtlichen Verbrechen gegen die eigene Bevölkerung wächst. Anstatt eine wirksame Politik zum Schutz der Menschen und zur Reduktion der Gefahren einzuführen, versuchen die Behörden mit Kriegsrhetorik die übermäßige und oftmals tödliche Gewalt durch Polizei und Militär zu rechtfertigen."
Amnesty hat regelmäßig auf gravierende Verletzungen der Rechte auf Gesundheit und Ernährung, auf die anhaltende Praxis politisch motivierter, willkürlicher Verhaftungen, auf Folter und andere grausame, unmenschliche oder entwürdigende Behandlung oder auf den Einsatz von Militärgerichten für Prozesse gegen Zivilpersonen hingewiesen. Seit 2014 sind nach UN-Angaben etwa 2,3 Millionen Menschen aus Venezuela geflohen.
"Die Regierung muss dringend ein nationales Programm zur Verringerung der Tötungen lancieren und Polizeistandards effektiv umsetzen. Letztere sollen Richtlinien zur angemessenen und situationsbezogenen Verwendung von Gewalt und Waffen beinhalten, die internationalen Menschenrechtsnormen und -standards vollumfänglich entsprechen", sagte Guevara-Rosas.
Amnesty forderte die venezolanische Regierung auf, einen Plan für die öffentliche Sicherheit einzuführen. Dadurch sollen faire Gerichtsverfahren eingehalten und Verfahrensverzögerungen sowie Schwachstellen im venezolanischen Strafrechtssystem beseitigt werden.
Quelle: www.amnesty.de