Brüssel. - Zum ersten Mal seit fünf Jahren gehen die Ausgaben der Europäischen Union für die Entwicklungszusammenarbeit zurück. Das zeigt der AidWatch-Bericht 2018 des Europäischen Dachverbandes entwicklungspolitischer Nichtregierungsorganisationen CONCORD. Der Bericht wird am Donnerstag in Brüssel vorgestellt.

Dem Bericht zufolge hat auch Deutschland im Jahr 2017 weniger für Entwicklungszusammenarbeit ausgegeben und damit das Ziel, 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens (BNE) für die Entwicklungszusammenarbeit auszugeben, erneut verpasst.

Die Europäische Union bleibt laut AidWatch-Bericht trotz des Rückgangs mit einem Anteil von 19 Prozent immer noch der größte öffentliche Geber weltweit. Vor dem Hintergrund der wiederholten Versprechungen der EU-Mitgliedsländer und -Institutionen, mehr Mittel für die Bekämpfung der Ursachen von Migration und Flucht auszugeben, sei der Rückgang jedoch mehr als bedauerlich.

Laut AidWatch-Bericht geht der Rückgang auf die Senkung der Ausgaben im Bereich Flucht und Migration sowie auf geringere Schuldenerlasse zurück. Von den Europäischen Geberländern wurden diese Ausgaben in den letzten Jahren als Entwicklungshilfe angerechnet.

"Diese künstliche Aufblähung der Zahlen ist auch in den letzten Jahren schon als widersprüchlich und kontraproduktiv kritisiert worden", sagte SÜDWIND-Experte Pedro Morazan. "Finanzielle Mittel z.B. für die Abschiebung von Flüchtlingen als Entwicklungshilfe zu deklarieren, entspricht nicht der Logik einer wirksamen Entwicklungszusammenarbeit."

"Sowohl die EU als auch die Bundesregierung wiederholen gebetsmühlenartig, dass es auch im eigenen Interesse ist, durch eine Stärkung der Entwicklungszusammenarbeit die Ursachen von Flucht und Migration in den Entwicklungsländern zu bekämpfen. Leider liegen hier zwischen Worten und Taten Welten", erklärte Martina Schaub, Geschäftsführerin des SÜDWIND-Instituts.

Positiv wird im AidWatch-Bericht hervorgehoben, dass die Entwicklungshilfe für die ärmsten Länder im Vergleich zum Jahr 2016 um 4 % auf 0,11 % des BNE gestiegen ist. Das liegt aber noch immer deutlich unter den versprochenen 0,15%. Laut CONCORD ist weiterhin zu befürchten, dass die Entwicklungszusammenarbeit bei den gegenwärtigen Verhandlungen um einen neuen EU-Haushalt den Kürzeren ziehen wird: Zum einen wird ein weiterer Rückgang der Mittel im neuen EU-Haushalt befürchtet. Zum anderen wird sich aber auch die Qualität der EU-Entwicklungszusammenarbeit ändern, indem mehr Geld für Migrations- und Sicherheitspolitik und weniger für die klassischen, aber nötigen Entwicklungsfelder Armutsbekämpfung und Umweltschutz ausgegeben wird.

"Der AidWatch-Bericht von CONCORD muss als ein dringlicher Aufruf zu mehr Engagement in der Entwicklungspolitik verstanden werden. Das gilt insbesondere für die deutsche Bundesregierung", sagte Schaub. Insbesondere arme Entwicklungsländer seien derzeit von den katastrophalen Folgen des Klimawandels betroffen. Sie verfügten nicht über ausreichende Ressourcen für Anpassung und Wiederaufbau.

"Dazu passt das Ziel der Agenda 2030 'Niemanden zurück lassen', das von der Bundesregierung mit Elan propagiert wird. Ohne größere Anstrengungen in der Entwicklungspolitik und anderen entwicklungsrelevanten Politikfeldern droht diese Vision ein leeres Versprechen zu bleiben", sagte Pedro Morazán.

=> AidWatch-Bericht 2018
https://www.suedwind-institut.de/files/Suedwind/Aus%20unseren%20Netzwerken/CONCORD_AidWatch_Report_2018_web.pdf

Quelle: www.suedwind-institut.de 


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