gfbvGöttingen. - Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat den Konfliktparteien im Bürgerkrieg in Kamerun schwere Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen. Die Entführung von 79 Schülern, einem Schuldirektor und zwei Fahrern aus einem Internat im anglophonen Nordwesten des Landes durch bewaffnete Kämpfer sei ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit, erklärte die GfbV am Dienstag in Göttingen.

Doch auch reguläre Soldaten würden schwere Menschenrechtsverletzungen begehen, wenn sie ganze Dörfer in den englischsprachigen Gebieten vorsätzlich niederbrennen würden, kritisierte GfbV-Direktor Ulrich Delius. "Mit der Massenentführung hat die politisch motivierte Gewalt in den anglophonen Regionen einen traurigen Höhepunkt erreicht. Es ist ein Weckruf für die internationale Staatengemeinschaft, den eskalierenden Bürgerkrieg nicht länger zu ignorieren, sondern einen politischen Dialog zwischen den Konfliktparteien einzufordern", sagte Delius.

Die Gymnasiasten waren laut GfbV in der Nacht von Sonntag auf Montag aus einem Internat der Presbyterianischen Kirche in Bamenda verschleppt worden. Anders als in Nigeria, wo sunnitische Extremisten Schülerinnen entführen, weil sie eine Ausbildung von Mädchen ablehnen, wurden in Kamerun vor allem Jungen verschleppt.

Seit Monaten rufen kämpfende Bewegungen, die für einen unabhängigen anglophonen Staat Ambazonien eintreten, zu einem Boykott der Schulen in Kamerun auf. Sie werfen der Regierung vor, die englischsprachige Bevölkerung bei der Ausbildung im Schulsystem zu benachteiligen. Für die Unabhängigkeit kämpfende Gruppen haben immer wieder Schulen angegriffen. Im September wurde ein Schuldirektor erschossen. Mitte Oktober 2018 wurden sechs Gymnasiasten aus einer Schule in Bamenda verschleppt.

"Wir erwarten, dass der wiedergewählte Staatspräsident Paul Biya in seiner heutigen Ansprache zur Nation den eskalierenden Bürgerkrieg nicht länger schönredet", sagte Delius. Wenn Biya nicht bereit sei, die dramatische Verschärfung der Lage wahrzunehmen, müsse Kameruns Schutzmacht Frankreich handeln und die Regierung zum Dialog drängen. Sie müsse endlich mehr Profil zeigen, um eine weitere Eskalation der Gewalt abzuwenden. Sonst drohe Westafrika eine weitere Destabilisierung.

Seit dem Ausbruch der Kämpfe im Jahr 2016 sind nach Angaben der GfbV mindestens 400 Zivilisten und 175 Sicherheitskräfte gewaltsam zu Tode gekommen. Rund 300.000 Menschen sind vor der Gewalt geflohen.

Quelle: www.gfbv.de 


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