Köln. - Einen Monat nach neuen gewaltsamen Vorfällen auf den SOCFIN-Plantagen in Sierra Leone, die zu brutaler Repression und dem Tod von zwei Personen führten, hat ein Bericht der Menschenrechtsorganisation FIAN den Landkonflikt aus menschenrechtlicher Perspektive analysiert. Eine Koalition von sierra-leonischen und internationalen Organisationen fordert die Regierung von Sierra Leone sowie ihre internationalen Partner auf, LandrechtsverteidigerInnen zu schützen und die anhaltenden Menschenrechtsverletzungen zu stoppen.
Seit 2011 habe das multinationale Unternehmen SOCFIN mehr als 18.000 Hektar Land für industrielle Palmölplantagen im Süden von Sierra Leone (Malen Chiefdom, Bezirk Pujehun) erworben, berichtete FIAN. Seitdem tobe ein Landkonflikt zwischen SOCFIN, den lokalen Behörden und den betroffenen Gemeinden.
Der Konflikt hat laut FIAN in jüngster Zeit ein neues Ausmaß von Gewalt erreicht. Am 21. Januar wurden nach einer Auseinandersetzung zwischen EinwohnerInnen, der Polizei und dem Militär zwei Menschen erschossen. Kurz darauf wurden in den umliegenden Dörfern Polizei- und Militärrazzien durchgeführt. Menschen wurden geschlagen, Häuser zerstört und Eigentum geplündert. Hunderte Personen flohen aus ihren Häusern. Die Polizei verhaftete 15 Personen und setzte damit eine lange Reihe willkürlicher Verhaftungen und gerichtlicher Schikanen gegen LandrechtsaktivistInnen der Organisation MALOA (Malen Land Owners and Users Association) fort, so FIAN.
Einen Monat nach den tragischen Ereignissen veröffentlicht die belgische Sektion der Menschenrechtsorganisation FIAN jetzt den Bericht "Land Grabbing for Palm Oil in Sierra Leone: Analysis of the SOCFIN Case from a Human Rights Perspective". Der Bericht dokumentiert die Aktivitäten von SOCFIN in Sierra Leone und zeigt auf, wie das Unternehmen mit Unterstützung nationaler und lokaler Eliten die lokale Bevölkerung hindert, ihre Rechte wahrzunehmen. Analysiert werden unter anderem Auswirkungen auf die Rechte auf Nahrung, Wasser, Bildung und eine gesunde Umwelt sowie die Rechte von Arbeitnehmenden, Frauen und älteren Menschen.
Der Bericht dokumentiert zudem Hinweise auf Korruption und mangelnde Transparenz: Große Geldbeträge, die den Grundeigentümern als Pachtzahlungen zukommen müssten, flossen stattdessen von SOCFIN an lokale Eliten – ohne jegliche Transparenz, wie die Mittel verwendet wurden. Darüber hinaus deckt der Report eine große Diskrepanz zwischen den Versprechungen von SOCFIN im Rahmen ihres Aktionsplans zur sozialen Unternehmensverantwortung und der Realität vor Ort auf: von den 16.433.375 US-Dollar, die SOCFIN angekündigt hatte (für Gebäude, Straßen, Schulen, Krankenhäuser, ein Vertragslandwirtschafts-Programm etc.) seien zwischen 2011 und 2017 lediglich 2.583.784 Dollar tatsächlich verausgabt worden.
Seit Beginn der Tätigkeit von SOCFIN seien die Gemeinschaften, die sich gegen das Landgeschäft wehrten, systematisch kriminalisiert worden, was in den tragischen Ereignissen des letzten Monats gipfelte, so FIAN. Hunderte von LandrechtsverteidigerInnen seien willkürlich verhaftet und juristisch schikaniert worden.
Vor diesem Hintergrund haben 34 sierra-leonische und internationale Organisationen den Staat Sierra Leone und seine internationalen Partner dringend aufgefordert, die sich noch im Gefängnis befindlichen LandrechtsaktivistInnen von Malen unverzüglich freizulassen (es sei denn, es liegen eindeutige Beweise für Straftaten vor), alle Formen der Kriminalisierung zu beenden und den Schutz der MenschenrechtsverteidigerInnen zu gewährleisten. Es müsse eine dauerhafte Lösung des Konflikts gefunden werden, so die NGOs.
=> FIAN-Bericht
Quelle: www.fian.de