ai orgBerlin. - Amnesty International hat neue Erkenntnisse darüber veröffentlicht, dass das myanmarische Militär im Bundesstaat Rakhine seit Januar 2019 erneut Kriegsverbrechen und andere Menschenrechtsverletzungen begeht. Der Militäreinsatz dauert noch an und die Menschenrechtsorganisation befürchtet weitere schwerwiegende Verstöße gegen das Völkerrecht.

Der neue Bericht mit dem Titel "No one can protect us: War crimes and abuses in Myanmar's Rakhine State" zeigt laut Amnesty, dass myanmarische Militärangehörige im Rahmen einer aktuellen Militäroffensive nicht nur bewusst Zivilisten zu Opfern ihrer Angriffe machen, sondern für außergerichtliche Hinrichtungen, willkürliche Festnahmen, Folter und andere Misshandlungen, Plünderungen sowie Fälle von Verschwindenlassen verantwortlich sind. Während der jüngsten Eskalationen seien bislang mehr als 30.000 Menschen vertrieben worden. Die myanmarischen Behörden blockierten den Zugang humanitärer Organisationen zu den betroffenen Gebieten.

"Es sind keine zwei Jahre seit den schwerwiegenden Gewaltexzessen, Vertreibungen, Tötungen und Vergewaltigungen an den Rohynga in Myanmar vergangen, aufgrund derer mehr als 700.000 Frauen, Männer und Kinder nach Bangladesch flohen. Nun werden erneut unschuldige Zivilisten schutzlos Opfer von völkerrechtswidrigen Militäraktionen – und die Verantwortlichen bleiben bislang straffrei", erklärte Markus N. Beeko, Generalsekretär bei Amnesty International in Deutschland.

"Die andauernde Straflosigkeit von Militärs für die Verbrechen und Gewalttaten in Myanmar erfordert dringend eine weitergehende Reaktion der internationalen Staatengemeinschaft", sagte Beeko. "In einer Situation wie dieser muss der UN-Sicherheitsrat seine Handlungsfähigkeit beweisen: Die Verweisung der Lage in Myanmar an den Internationalen Strafgerichtshof ist lange überfällig. Der Sicherheitsrat muss zudem auf einem ungehinderten Zugang für unabhängige, internationale Untersuchungen bestehen und ein umfassendes Waffenembargo durchsetzen."

Zwar sei das myanmarische Militär für die meisten der von Amnesty dokumentierten Menschenrechtsverletzungen verantwortlich, doch auch die Arakan Army verübe Menschenrechtsverstöße gegen die Zivilbevölkerung. So sei die bewaffnete Gruppe beispielsweise für die Entführung von Zivilpersonen verantwortlich. Am 3. Mai entführten Kämpfer der Arakan Army laut Amnesty vier Rohingya aus dem Dorf Sin Khone Taing im Rahedaung Township. Die vier seien an einen entlegenen Ort im Wald gebracht worden. Zwei Männer konnten entkommen, doch das Schicksal und der Verbleib der zwei weiteren seien unbekannt.

Am 4. Januar 2019 verübte die bewaffnete Gruppe Arakan Army im Norden des Bundesstaates Rakhine koordinierte Anschläge auf vier Polizeiposten. Daraufhin begann der von Amnesty International untersuchte Militäreinsatz, der auf der Regierungsanweisung basiere, die Arakan Army zu "erledigen".

Zwischen den im Bundesstaat Rakhine lebenden Gemeinschaften und der Zentralregierung bestehen seit Langem politische Spannungen. Die Arakan Army besteht aus Angehörigen einer jüngeren Generation. Schätzungen zufolge verfügt die Arakan Army über ungefähr 7.000 bewaffnete Kräfte. Die Gruppe wurde 2009 gegründet und kämpfte in der Vergangenheit an der Seite anderer bewaffneter Organisationen im Norden Myanmars. Gegen Ende 2018 verschärften sich die Kampfhandlungen.

Quelle: www.amnesty.de