Berlin. - Das von Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) vorgestellte neue Textilsiegel "Grüner Knopf" greift nach Auffassung einiger nichtstaatlicher Organisationen (NGOs) zu kurz. Der Grüne Knopf soll sozial und nachhaltig hergestellte Kleidung und Heimtextilien auszeichnen. Er setze jedoch auf Freiwilligkeit und sei daher unverbindlich, kritisieren die NGOs. Zudem erfasse er nur einen Teil der Lieferkette.

"Das neue Siegel kann nur sehr begrenzt aussagefähig sein, da es lediglich die letzte Stufe der Lieferkette in den Blick nimmt, die Konfektionierung", erklärte Albert Recknagel, Vorstandssprecher von terre des hommes. "Das Problem sind jedoch die oft ausbeuterischen Produktionsschritte davor, nämlich Kinderarbeit im Baumwollanbau, Sklaverei in Spinnereien oder Umweltverschmutzung durch aggressive Chemikalien beim Färben. Wie und wann der Grüne Knopf auch diese Produktionsstufen siegelt, ist unklar."

Zudem sei der Grüne Knopf ein sogenanntes Metasiegel, das auf bereits bestehenden Siegeln aufbaut. Es werde zusätzlich vergeben, wenn Produkte bereits mit einem Sozial- oder Umweltsiegel versehen sind. Ob eine relevante Anzahl von Handelsunternehmen den Grünen Knopf einführe, bleibe abzuwarten. Derzeit beteiligen sich 27 Unternehmen an der Initiative.

Der Grüne Knopf dient der Orientierung der Verbraucher, erfasst aus der Sicht von terre des hommes damit aber nur einen Teil des Problems. "Wir sehen großen Handlungsbedarf für die Umsetzung von Kinder- und Menschenrechten in der Textilindustrie. Gesetzlich festgelegte Standards für faire Arbeitsbedingungen in der gesamten Lieferkette, die für alle Unternehmen verbindlich sind, würden unmittelbar Wirkung zeigen und wären demnach deutlich erfolgversprechender als das neue Siegel", so Albert Recknagel.

Die Menschenrechts- und Hilfsorganisation medico international übte gemeinsam mit pakistanischen Partnerorganisationen Kritik an der Initiative. Statt auf eine dringend nötige gesetzliche Reglung setze der Grüne Knopf auf Freiwilligkeit und sei daher praktisch wirkungslos. "Mit den Tragödien von Ali Enterprises und Rana Plaza war die Zeit für freiwillige Selbstverpflichtungen der Weltmarktunternehmen endgültig abgelaufen. Wollen wir das Leben unserer Arbeiterinnen und Arbeiter retten, müssen wir die Unternehmensmacht dem Menschenrecht und das Konzernmanagement dem Strafrecht unterstellen", erklärte Zehra Khan, eine der Sprecherinnen der "Überlebenden und Hinterbliebenen des Ali Enterprise-Feuers" aus Pakistan.

"Minister Müller betreibt Schaufensterpolitik, statt endlich das Gesetz auf den Weg zu bringen, das sein eigenes Haus erarbeitet hat. Das würde die unerträglichen Verhältnisse in Südasiens Textilfabriken wirklich ändern", sagte Thomas Seibert, Referent für Menschenrechte bei medico international. "Der Grüne Knopf ist das Resultat davon, dass sich eine Koalition aus Wirtschaftsministerium und Wirtschaftsverbänden durchgesetzt hat."

Viola Wohlgemuth, Konsum-Expertin von Greenpeace, kommentierte: “Die Absicht von Minister Müller, die Textilindustrie fairer und sauberer zu machen, ist lobenswert. Nach jetzigem Stand jedoch kann der 'Grüne Knopf' auch auf einem T-Shirt aus pestizidbehandelter Gentechnik-Baumwolle kleben. Denn die Prüfprozesse beginnen quasi erst beim Färben. Weder die synthetische Faserproduktion, bei der häufig besonders umweltschädliche Chemikalien zum Einsatz kommen, noch die Baumwollproduktion mit ihrem gewaltigen Pestizideinsatz finden dort Berücksichtigung. Soll der 'Grüne Knopf' nach ökologischen Kriterien kein Etikettenschwindel sein, muss er von Anfang an die gesamte Herstellungskette vom Acker über die Fabrik bis zum Kleiderständer berücksichtigen."

Quellen: www.tdh.de  | www.medico.de  | www.greenpeace.de 


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