Berlin. - Die Explosion im Hafen von Beirut wird die Not im Libanon in den kommenden Monaten dramatisch verschärfen, insbesondere die Situation der über eine Million im Land lebender syrischer Flüchtlinge. Die unmittelbaren Auswirkungen mit massiven Zerstörungen von Wohnungen und Getreidevorräten könnten zu einer Hungerkatastrophe führen, warnt die Diakonie Katastrophenhilfe. Schon vor der Katastrophe lebte mehr als die Hälfte der Menschen im Libanon in Armut.
"Jetzt ist es an der Zeit, uns ebenso solidarisch mit den Menschen im Libanon zu zeigen, wie sie sich in den vergangenen Jahren gegenüber syrischen Flüchtlingen verhalten haben", sagte Cornelia Füllkrug-Weitzel, Präsidentin des evangelischen Hilfswerks bei der Vorstellung des Jahresberichts 2019. Kein anderes Land der Welt habe – gemessen an der Einwohnerzahl – so viele Flüchtlinge aufgenommen wie der Libanon.
"Noch nie waren so viele Menschen weltweit auf Hilfe angewiesen. Millionen sind derzeit – nicht zuletzt wegen der Auswirkungen der Corona-Pandemie - in einer außerordentlich verzweifelten Lage", erklärte Füllkrug-Weitzel. Nach wie vor bekämen arme Länder für die Bewältigung der Corona-Folgen nicht die notwendige Unterstützung der internationalen Gebergemeinschaft. "Dabei fehlt es nicht an Geld, sondern an politischem Willen, mehr Mittel für die dringend erforderliche zusätzliche Hilfe einzusetzen." Mehr finanzielle Mittel für Corona weltweit dürfe jedoch nicht auf Kosten anderer Krisen gehen, zumal diese sich durch Corona noch verschärfen.
Bereits jetzt zeichnet sich ab, dass sich die Zahl der akut hungernden Menschen im Zuge der Corona-Krise verdoppeln wird, wenn nicht entschieden gegengesteuert wird. Bis zum Jahresende könnte ihre Zahl in den besonders gefährdeten Ländern von 135 Millionen Menschen auf 265 Millionen ansteigen. Durch den Corona-Lockdown haben Millionen Menschen ihr Einkommen verloren.
"Die wirtschaftlichen und sozialen Folgen von Corona werden uns noch lange beschäftigen, selbst wenn die gesundheitlichen Auswirkungen hoffentlich bald unter Kontrolle sind", sagte Füllkrug-Weitzel. "Ohne massive Nahrungsmittelhilfe ist das Leben hunderttausender Familien bedroht. Die Geber der internationalen Hilfe müssen die sich abzeichnende Hungerkrise in weiten Teilen Afrikas, Lateinamerikas und Asiens sofort und mit aller Kraft bekämpfen."
Auch in Syrien hat sich der Hunger in den vergangenen Monaten ausgebreitet. Das Hilfswerk befürchtet besonders im Norden des Landes eine dramatische Verschlechterung der Lage nach dem Beschluss des UN-Sicherheitsrates, nur noch einen Grenzübergang für Hilfslieferungen offen zu halten.
Die Diakonie Katastrophenhilfe hat im vergangenen Jahr 205 Projekte in 37 Ländern durchgeführt und dafür etwa 41 Millionen Euro bereitgestellt. Die meisten Mittel sind nach Syrien und in die Nachbarstaaten geflossen. Daneben waren die DR Kongo und der Südsudan die Länder mit den größten Projektausgaben. Die Spendeneinnahmen der Diakonie Katastrophenhilfe lagen 2019 mit 23,9 Millionen Euro leicht über denen des Vorjahres (2018: 23,6 Millionen Euro). Dabei gingen die meisten Spenden für die Betroffenen des schweren Wirbelsturms Idai in Mosambik ein.
Die Einnahmen aus öffentlichen Zuwendungen von der Bundesregierung, der Europäischen Union und den Vereinten Nationen lagen mit 16,3 Millionen Euro etwa eine Million Euro unter dem Niveau des Vorjahres. Im Vergleich zum Vorjahr konnte die Diakonie Katastrophenhilfe ihre Gesamteinnahmen mit 49 Millionen Euro um knapp drei Prozent steigern (2018: 47,8 Millionen Euro).