Berlin. - Anlässlich der Hauptversammlung von Airbus in Amsterdam am Mittwoch wirft ein neues Dossier, herausgegeben von urgewald (Deutschland), Stop Wapenhandel (Niederlande) und terre des hommes (Deutschland und Schweiz), dem Konzern vor, autoritäre und autokratische Regime mit Waffensystemen und sonstigen Rüstungsgütern zu unterstützen. Dazu gehörten Kampfjets für den Jemenkrieg, Militärtransporter für die Türkei, Hubschrauber für die brasilianische Polizei und militärische Abschottungsanlagen an den Grenzen für Länder weltweit.

Verschiedene Staaten im Mittleren Osten, der konfliktreichsten Region der Welt, stünden auf der Kundenliste von Airbus, so die NGOs. So habe der Oman in den vergangenen Jahren zwölf der von Airbus mitproduzierten Eurofighter erhalten, Kuwait habe 28 und Katar 24 Maschinen bestellt. Die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) hätten mit Airbus-Unterstützung den Spionagesatelliten FalconEye starten können. Zusammen mit dem VAE-Unternehmen Atlas Telecom wolle Airbus Kommunikationsausrüstung für Militär und Polizei im Mittleren Osten vermarkten.

An die Türkei lieferte Airbus laut dem Dossier sein militärisches Transportflugzeug A400M. Viele Indizien deuteten darauf hin, dass die Erdogan-Regierung die A400M-Flugzeuge vergangenes Jahr für illegale Waffenlieferungen ins Kriegsland Libyen und nach Aserbaidschan verwendet habe – für beide Länder gelten Waffenembargos. Nach neuen Recherchen für das vorliegende Dossier setze die Türkei die Maschinen weiterhin zumindest für Flüge nach Aserbaidschan ein.

"Airbus ist zum Lieferanten von Fluchtursachen geworden", erklärte Niels Dubrow, Rüstungs-Campaigner bei urgewald. "Das Management sucht immer neue Wege, um Länder in Konfliktregionen mit seinen Waffen zu versorgen, wie jüngst in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Die Regierungen von Deutschland, Frankreich und Spanien als Miteigentümerinnen müssen eingreifen. Airbus muss endlich aufhören, laufende Kriegseinsätze und menschenrechtsverletzende Regime mit Waffen zu versorgen."

Das Unternehmen sei zudem Marktführer für "Grenzsicherung" in Europa, wo die Staaten ihre Budgets in diesem Feld nach den großen Fluchtbewegungen im Jahr 2015 stark erhöhten. Airbus-Hubschrauber seien bei Grenztruppen in diversen EU-Staaten sowie in der Ukraine und Weißrussland im Einsatz. Saudi-Arabien habe rund zwei Milliarden Euro für ein "Grenzsicherungssystem" gezahlt.

Für die Militarisierung der Grenze zwischen den USA und Mexiko habe Airbus mehr als hundert Hubschrauber an die US-Zoll- und Grenzschutzbehörde geliefert. Viele Menschen seien an dieser Grenze ums Leben gekommen, weil sie durch die Abschottung gezwungen waren, gefährliche Routen durch die Wüste zu nehmen.

Mark Akkerman, Researcher bei Stop Wapenhandel, sagte: "Airbus rüstet Kriegs- und Konfliktregionen auf und profitiert gleichzeitig von der staatlichen Abschottung gegen Menschen auf der Flucht. Eine solche Unternehmenspolitik ist zynisch. Das Airbus-Management sollte Menschenleben und nicht Grenzen sichern."

Bei Polizei- und Militäreinsätzen in brasilianischen Wohnvierteln kommt es regelmäßig zu exzessivem Gewalteinsatz im Rahmen des Kriegs gegen Drogenbanden. Viele der Einsätze sind rechtswidrig. Allein im Jahr 2019 starben 6.375 Menschen durch Polizeigewalt, viele davon unbeteiligte Kinder und Jugendliche. Dabei kommen laut Dossier auch regelmäßig Hubschrauber von Airbus zum Einsatz: Aus ihnen heraus würden Menschen erschossen und zivile Gebäude mit Kugeln durchsiebt. Schulen, Kindergärten und Gesundheitszentren müssten wegen der eskalierenden Gewalt wochenlang schließen. Schulen installierten inzwischen Schilder auf dem Dach mit der Aufschrift: "Schule! Bitte nicht schießen!"

"Solange diese brutalen Polizeieinsätze und die damit verbundenen schweren Menschenrechtsverletzungen nicht aufhören und geahndet werden, sollte Airbus jegliche Auslieferung von Hubschraubern an brasilianische Sicherheitsbehörden stoppen", forderte Beat Wehrle, Vorstand bei terre des hommes Deutschland. "Airbus muss sicherstellen, dass mit seinen Hubschraubern keine unschuldigen Einwohner*innen gefährdet oder getötet werden."

Quelle: www.tdh.de