oxfamBerlin. - Nur jeder Fünfte in Deutschland ist davon überzeugt, dass unser Wirtschaftssystem sozial gerecht ist, eine Mehrheit verlangt umfassende Reformen. Das zeigt eine große repräsentative Umfrage des Marktforschungsinstituts Splendid Research im Auftrag von Oxfam Deutschland. Anlässlich des World Earth Day veröffentlichen Oxfam, das Europäische Umweltbüro (EEB) und das "forum für internationale entwicklung und planung" (finep) einen Bericht, der die Ursachen von Ausbeutung und Naturzerstörung in der europäischen Wirtschaft analysiert. Die Organisationen fordern eine Abkehr von der Fixierung auf Wachstum und eine sozial-ökologische Transformation der Wirtschaft.

Für die Umfrage wurden in Deutschland Anfang April 1001 Menschen ab 18 Jahren befragt. Nur jeder Fünfte Befragte (21 Prozent) hält das Wirtschaftssystem in Deutschland für sozial gerecht. 56 Prozent sind der Meinung, dass kleine Veränderungen nicht ausreichen, sondern die Wirtschaft umfassend reformiert werden muss. Nur 13 Prozent sind der Meinung, dass Einkommen und Vermögen in Deutschland gerecht verteilt sind. Männer (16 Prozent) und Menschen mit sehr hohem Einkommen (20 Prozent) sind davon allerdings etwas häufiger überzeugt als Frauen (9 Prozent) und Menschen mit niedrigem Einkommen (10 Prozent).

Kritik gibt es auch daran, wer von Unternehmensgewinnen profitiert: Nur 12 Prozent der Befragten meinen, diese seien gerecht verteilt. Über drei Viertel der Befragten (77 Prozent) finden zudem, dass große Konzerne zu viel Einfluss auf die Politik ausüben und 71 Prozent wollen, dass die Politik die Macht großer Unternehmen begrenzt. Ähnlich viele Befragte (78 Prozent) meinen, dass die Politik das Wirken großer Unternehmen auf die Umwelt stärker regulieren muss und 59 Prozent finden, dass Umweltverschmutzung von Unternehmen nicht ausreichend geahndet wird.

"Die Mehrheit in Deutschland verlangt mehr Gerechtigkeit in Wirtschaft und Gesellschaft. Die Menschen haben genug von Profiten um jeden Preis, die zu Ungleichheit und Naturzerstörung führen. Doch machen wir uns nichts vor: Eine Minderheit profitiert von diesen Verhältnissen und niemand gibt gerne freiwillig Macht und Privilegien ab. Deshalb braucht es tiefgreifende politische Reformen – und soziale Bewegungen, die diese Veränderungen einklagen und vorantreiben", sagte Barbara Sennholz-Weinhardt, Wirtschaftsexpertin bei Oxfam Deutschland.

Was im Einzelnen nötig ist, um die Wirtschaft sozial und ökologisch gerecht zu gestalten, beschreibt ein neuer Bericht, den Oxfam, EEB und finep anlässlich des World Earth Day veröffentlicht haben. In "Towards a Wellbeing Economy" beschreiben die Organisationen die systemischen Ursachen von Ausbeutung und Naturzerstörung: historisch und politisch bedingte soziale Ungleichheit, die Konzentration von Macht und Reichtum und die Abhängigkeit unserer Wirtschaft von Wachstum. Die Zusammenhänge zeigt der Bericht anhand von vier Sektoren beispielhaft auf: Landwirtschaft, Textilien, Gebäude und Digitalwirtschaft.

Um diese ausbeuterischen Strukturen zu überwinden, fordern Oxfam, EEB und finep unter anderem eine Abkehr von der Wachstumsfixierung, die Umwelt und Menschen schädigt, sowie den Aufbau einer klimagerechten und demokratischen Wirtschaft. Dafür müsse die Politik der fortschreitenden Machtkonzentration in Märkten und von Konzernen ein Ende setzen.

Die nächste Bundesregierung müsse dringend das Wettbewerbs- und Kartellrecht verschärfen und Mitspracherechte aller Interessengruppen sowie Gemeinwohlorientierung in der Geschäftsführung von Unternehmen stärker gesetzlich verankern, damit sich Unternehmensentscheidungen nicht vor allem an Profiterwartungen ausrichten. "Wir müssen die wirtschaftliche und politische Macht in viele statt in wenige Hände legen. Und wir müssen unsere Wirtschaft so gestalten, dass sie ein gutes Leben für alle ermöglicht, egal ob sie wächst oder nicht", forderte Sennholz-Weinhardt.

Quelle: www.oxfam.de 


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