Berlin. - Nach jüngsten Medienberichten werden rund 2,3 Millionen ungenutzte Impfdosen an den Bund zurückgegeben. Ärztinnen und Ärzte aus ganz Deutschland und zahlreiche Nichtregierungsorganisationen weisen darauf hin, dass viele dieser Impfdosen verfallen. In Bayern mussten bereits über fünfzigtausend Impfdosen vernichtet werden. Vertragsauflagen verhindern derzeit eine unkomplizierte Weitergabe an Drittländer, in denen Impfstoff dringend benötigt wird.
"Wir müssen Impfstoffe, die in Deutschland nicht genutzt werden, rasch an Drittländer abgeben. Dafür müssen pragmatische Wege gefunden werden, um weiteres Leid für Millionen von Menschen zu verhindern", sagte Maike Röttger, stellvertretende Vorsitzende des Verbandes Entwicklungspolitik und Humanitäre Hilfe (VENRO). "Es darf nicht sein, dass in Deutschland Impfstoffe vernichtet werden, während die Menschen in anderen Weltregionen darauf warten und es tagtäglich tausende Neuinfektionen und Todesfällen gibt."
Laut dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) ist es rechtlich unzulässig, ungenutzte Impfdosen an Drittländer abzugeben. Grund dafür seien laut BMG trilaterale Verträge, die die Abgabe nicht zuließen, sowie Haftungsrisiken, die scheinbar weder die Bundesregierung noch die Hersteller übernehmen wollen. Bereits Ende 2020 wurde bekannt, dass etliche Lieferverträge eine Weitergabe an Drittstaaten und die Impfinitiative der Vereinten Nationen (COVAX) explizit untersagen.
"Wir fordern die Bundesregierung auf, die Verträge öffentlich zu machen und darüber zu informieren, welche Hindernisse es für die Weitergabe von Impfstoffen gibt", sagte Röttger. "Die Hersteller dürften nicht mehr untersagen, dass Impfdosen an Drittländer und COVAX abgegeben werden können. Alle Haftungsfragen muss das Bundesgesundheitsministerium schnellstmöglich klären."
Ein global gerechter Zugang zu COVID-19-Impfstoffen ist wichtig, um die Pandemie weltweit erfolgreich zu bekämpfen. Vor allem Entwicklungs- und Schwellenländer sind hart von der Corona-Pandemie getroffen, so VENRO. In den vergangenen vier Wochen seien die Todesfälle in Afrika um 80 Prozent angestiegen. Bisher wurden dort nur rund 1,6 Prozent der Bevölkerung geimpft. 80 Prozent aller weltweit verimpften Dosen gingen in Industrieländer.
Darüber hinaus muss Deutschland aus der Sicht von VENRO einen aktiven Beitrag zur Ausweitung der weltweiten Impfstoffproduktion leisten. Bei den aktuellen Verhandlungen der Welthandelsorganisation (WTO) für einen TRIPS-Waiver, also den temporären Verzicht auf bestimmte Eigentumsrechte bei Impfstoffen und weiteren pharmazeutischen Produkten, müsse sich die Bundesregierung konstruktiv einbringen. Nur so könne gewährleistet werden, dass der globale Bedarf an Impfdosen jetzt und in den kommenden Jahren gedeckt werden kann.
Quelle: www.venro.org