Kriegs?berreste in ?thiopien. Foto: UNONew York/Göttingen (epo). - Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat am Dienstag vor der Gefahr eines neuen Krieges zwischen Äthiopien und Eritrea gewarnt, sollte der Weltsicherheitsrat wie geplant den Abzug der Hälfte der an der Grenze zwischen beiden verfeindeten Staaten stationierten UN-Friedenstruppen beschließen. Die Regierung in Äthiopien hat die Unterdrückung der Opposition unterdessen weiter forciert, heißt es in Berichten aus der Region, die epo.de vorliegen.

"Ein Abzug der UN-Blauhelme wäre zu diesem Zeitpunkt unverantwortlich und ein falsches Signal an die Konfliktparteien, die ihre Spannungen offenkundig ohne internationale Vermittlung nicht beilegen können", warnte die GfbV in einem Schreiben an den Präsidenten des Weltsicherheitsrates. Die Menschenrechtsorganisation erinnerte daran, dass der mörderische Stellungskrieg zwischen den beiden Staaten 1998 bis 2000 mehr als 100.000 Menschen das Leben gekostet hat. "Statt sich enttäuscht abzuwenden, sollte die internationale Gemeinschaft ihren Druck auf die Konfliktparteien nochmals erhöhen, um eine friedliche Klärung der Grenzstreitigkeiten zu erreichen", mahnte die GfbV.

Äthiopien und Eritrea streiten seit Jahren um den Grenzverlauf. Dabei gehe es aber "nicht nur um die Kontrolle einiger kleiner Wüstengebiete, sondern auch um die militärische und politische Vormachtstellung in der Region", so die GfbV.

Der Weltsicherheitsrat soll bis Mittwochabend über die Zukunft seines Engagements im Horn von Afrika entscheiden. Vor allem die USA haben nach gescheiterten Vermittlungsgesprächen zwischen beiden Staaten im Mai 2006 in London eine deutliche Verringerung der UN-Friedenstruppen sowie eine Einschränkung ihres Mandats angeregt. So sollen die in der 24 Kilometer breiten Pufferzone entlang der 1.000 Kilometer langen Grenze stationierten 3.000 Blauhelm-Soldaten um die Hälfte reduziert werden und zukünftig nur noch Beobachterstatus haben.

"Doch mit nur 1.500 Soldaten lässt sich diese lange Grenze nicht wirksam überwachen", warnte die GfbV. Sowohl Äthiopien als auch Eritrea stünden auch innenpolitisch so unter Druck, dass die Versuchung groß sei, diesen Spannungen mit einem neuen Krieg gegen das Nachbarland zu begegnen. Erst Ende April 2006 habe Äthiopiens Premierminister Meles Zenawi Eritrea öffentlich beschuldigt, seit Januar 2006 für mehr als ein Dutzend Sprengstoffanschläge in Äthiopien verantwortlich zu sein.

In beiden Staaten am Horn von Afrika wird die demokratische Opposition massiv unterdrückt. Die Presse-, Meinungs- und Versammlungsfreiheit werde "mit Füßen getreten", kritisierte die GfbV. Diese Einschätzung wird durch Berichte aus der Region, die epo.de per eMail erhielt, bestätigt.

In der Stadt Nazareth hätten Anhänger der Volksbefreiungsfront von Tigray (TPLF), die die Regierungspartei Ethiopian Peoples' Revolutionary Democratic Front (EPRDF) unter Ministerpräsident Meles Zenawi dominiert,  lokale Händler angegriffen, weil sich diese geweigert hätten, ihre Läden zu schliessen, berichtete ein der epo-Redaktion bekannter Äthiopier per eMail. Das Marktviertel in Nazareth sei als Hochburg der Opposition bekannt. Die Marktstände sollten in den Besitz von EPRDF-Anhängern übergehen. Mindestens ein Mensch sei bei den Unruhen getötet worden.

Den Berichten aus Äthiopien zufolge verschärft die Regierung ihre Informationspolitik. Regierungskritische Internet Websites und Weblogs würden blockiert oder vom Server der von de Regierung kontrollierten Äthiopischen Telekommunikationsgesellschaft ausgefiltert. Dabei arbeite das Meles-Regime mit chinesischen Technikern zusammen.

Zu den Websites, die im Lande nicht mehr erreichbar sind, gehören www.ethiomedia.com, www.freeourleaders.org und www.nazret.com. Informationsminister Hailu Berhan behauptete, die Regierung habe das Sperren der Internetseiten nicht veranlasst.

Die Weltbank hat unterdessen Kredite und Zuschüsse für Äthiopien in Höhe von rund 1,05 Milliarden US-Dollar freigegeben. Die Hilfszahlungen waren ein halbes Jahr zuvor gesperrt worden, nachdem die Regierung tausende Oppositionelle verhaftet hatte, die friedlich gegen das aus ihrer Sicht manipulierte Wahlergebnis demonstriert hatten. Mehr als zwei Dutzend Menschen waren bei Ausschreitungen und Übergriffen der Sicherheitskräfte getötet worden.

 GfbV