urgewald neuSharm El-Sheikh. - Auf dem UN-Klimagipfel in Sharm el-Sheikh haben urgewald und 50 NGO-Partner das erste Update der "Global Oil & Gas Exit List" (GOGEL) veröffentlicht. GOGEL wurde 2021 auf der COP26 im schottischen Glasgow erstmalig präsentiert und ist eine öffentliche Datenbank, die 901 Unternehmen umfasst, die für 95 Prozent der weltweiten Öl- und Gasproduktion verantwortlich sind. GOGEL bietet nicht nur detaillierte Informationen über die derzeitige Öl- und Gasförderung aller relevanten Produzenten, sondern ermöglicht auch einen Blick in die Zukunft, indem sie Expansionspläne aufzeigt.

"Seit dem Start von GOGEL haben über 20 europäische Banken, Versicherer und Investoren vielversprechende Öl- und Gasrichtlinien veröffentlicht. Acht von ihnen verweisen dabei explizit auf GOGEL", erklärte Katrin Ganswindt, Finanzkampaignerin bei urgewald. "Aber Hunderte von Finanzinstituten müssen immer noch dringend strenge Ausschlusskriterien für Öl- und Gasunternehmen einführen, um im Einklang mit der Klimawissenschaft zu sein. Sprich: Insbesondere Unternehmen, die Expansionspläne verfolgen, müssen ausgeschlossen werden. GOGEL wurde entwickelt, um Investoren, Versicherern und Banken dabei zu helfen, wirklich wirksame Richtlinien für fossile Energien zu entwickeln."

Öl- und Gasunternehmen sind weltweit immer noch auf einem massiven Expansionskurs. 655 von 685 Upstream-Unternehmen (96%) haben derzeit Pläne, ihre Förderung auszubauen bzw. neue Ressourcen zu erschließen. Seit dem letzten GOGEL-Update 2021 haben die kurzfristigen Expansionspläne der Branche um 20% zugenommen. Derzeit verfolgen demnach 512 Öl- und Gasunternehmen aktive Schritte, um 230 Milliarden Barrel Öläquivalent (bboe) an bislang unerschlossenen Ressourcen innerhalb der nächsten ein bis sieben Jahre in Produktion zu bringen. Die Förderung und Verbrennung dieser Ressourcen wird etwa 115 Gigatonnen CO2 in die Atmosphäre freisetzen. Das ist 30-mal so viel wie die jährlichen Treibhausgasemissionen der EU.

2021 veröffentlichte die Internationale Energieagentur (IEA) den Bericht "Net Zero by 2050", der für den Energiesektor einen Pfad zur Begrenzung des globalen Temperaturanstiegs auf 1,5 °C aufzeigt. In dem Bericht heißt es ganz klar: "No fossil fuel exploration is required in the NZE [Net-Zero Emissions Scenario] as no new oil and natural gas fields are required beyond those that have already been approved for development." Die NGO-Daten zeigen jedoch, dass die Industrie immer noch im großen Stil neue Öl- und Gasvorkommen sucht und neue Felder entwickelt.

GOGEL ist das erste Instrument, mit dem sich nun systematisch beurteilen lässt, ob die Aktivitäten eines Unternehmens mit dem IEA-NZE-Szenario übereinstimmen. Hierfür wurden die Expansionspläne der in der Datenbank enthaltenen Unternehmen analysiert und der genaue Anteil der Ressourcen, die das IEA-Szenario bzw. den hierin kalkulierten 1,5-Grad-Pfad "überschreiten", ermittelt.

"Das Ergebnis unserer Berechnungen ist wirklich erschreckend: 51,6% der kurzfristigen Expansionspläne von Öl- und Gasunternehmen entsprechen nicht dem Netto-Null-Emissionspfad der IEA", sagte Fiona Hauke, Senior Öl- und Gas-Researcherin bei urgewald. "Um das 1,5-Grad-Limit halten zu können, müssen diese Öl- und Gasressourcen unbedingt im Boden bleiben."

Die Unternehmen mit der höchsten absoluten Überschreitung des IEA-NZE-Szenarios sind laut GOGEL Saudi Aramco (+11,4 bboe), QatarEnergy (+7,6 bboe) und Abu Dhabi National Oil Company (+6,8 bboe), gefolgt von Exxon Mobil Corporation (+3,7 bboe), TotalEnergies (+3,3 bboe) und Chevron Corporation (+2,8 bboe).

"Die Öl- und Gaskonzerne wetten gegen unsere Zukunft auf diesem Planeten. Ihr Verhalten birgt auch ein hohes wirtschaftliches Risiko für ihre Geldgeber und für sie selbst", sagte Katrin Ganswindt. "Ein Finanzinstitut, das seine Net Zero-Verpflichtungen ernst nimmt, muss Unternehmen kategorisch ausschließen, die unser verbleibendes Klimabudget rücksichtslos sprengen wollen."

Öl- und Gasunternehmen planen nicht nur kurzfristig neue Förderprojekte an den Start zu bringen. Der derzeitige, massive Bau neuer Infrastruktur für fossile Brennstoffe droht die Welt auch längerfristig auf einen Pfad mit hohen Emissionen festzulegen. Die derzeitigen Midstream-Expansionspläne werden insbesondere die weltweiten Exportkapazitäten für Flüssigerdgas (LNG) mehr als verdoppeln. Neue Megapipeline-Projekte wie die Trans-Sahara-Pipeline würden sich über ganze Kontinente erstrecken. Der Bau solcher Öl- und Gasinfrastruktur ist teuer und ihre geplante Betriebsdauer entspricht Jahrzehnten – ein Zeithorizont, der mit dem 1,5-Grad-Limit nicht vereinbar ist.

GOGEL führt 289 Unternehmen auf, die neue Öl- und Gaspipelines oder LNG-Terminals bauen bzw. entsprechende Pläne für die kommenden Jahre haben. Ab 2022 sind neue Import- und Export-LNG-Terminals mit einer Gesamtkapazität von 1.391,5 Mtpa (Millionen Tonnen pro Jahr) geplant. Der Anstieg der LNG-Exportkapazität würde bei voller Nutzung der Kapazitäten für Verflüssigung und Regasifizierung fast doppelt so viele Treibhausgase pro Jahr freisetzen wie alle aktuell in Betrieb befindlichen Kohlekraftwerke in Nordamerika, Südamerika, Europa und Afrika zusammen.

=> GOGEL: www.gogel.org

Quelle: www.urgewald.org


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