oxfamBerlin. - Statt allgemein zugängliche Gesundheitsdienstleistungen zu fördern, investieren europäische und internationale Entwicklungsbanken in Elitenprojekte mit bedenklichem Geschäftsgebaren. Das geht aus den am Montag veröffentlichten Studien "Sick Development" und "First, Do No Harm" der Nothilfe- und Entwicklungsorganisation Oxfam hervor.

Die Studien zeigen, dass auch über die Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft (DEG) Gelder in profitorientierte Projekte geflossen sind, deren Leistungen für den Großteil der Menschen in den jeweiligen Ländern unerschwinglich bleiben. Sie lenkt auch den Blick auf erpresserische Geschäftspraktiken durch von Entwicklungsbanken geförderte Einrichtungen, wie die Festsetzung von Patienten oder die Beschlagnahme von Leichen bis zur Rechnungsbegleichung. Volle Transparenz zum Umfang und Berichte über die Wirkung ihrer Investitionen bleiben die Entwicklungsbanken oft schuldig.

Oxfam analysierte die Finanzflüsse zwischen den europäischen Entwicklungsbanken Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft (DEG/Deutschland), European Investment Bank (EIB/EU), British International Investment (BII/UK), Proparco (Frankreich), International Finance Corporation (Weltbank) und profitorientierten privaten Gesundheitsdienstleistern im Globalen Süden anhand von detaillierten Fallstudien und investigativen Recherchen zu fast 400 Investitionen. Die Untersuchung zeigt Oxfam zufolge, dass die Entwicklungsbanken mit ihren Investitionen dem Auftrag, Gesundheitsversorgung für alle Menschen (Universal Health Coverage, UHC) voranzutreiben, nicht gerecht werden.

Zudem sei das Transparenz- und Rechenschaftsdefizit "alarmierend". Umfassende Informationen zu Investitionen ließen sich nur schwer oder gar nicht finden. Es gebe kaum öffentliche Belege für eine umfassende Wirkungsevaluation zum Zugang zur Gesundheitsversorgung für Menschen mit geringem Einkommen oder für Frauen und Mädchen. Mindestens 81 Prozent der von Oxfam ermittelten europäischen Gesundheitsinvestitionen werden indirekt über ein komplexes, nicht rechenschaftspflichtiges Geflecht von Finanzinstituten, meist Private-Equity-Fonds, getätigt. Viele davon hätten ihren Sitz in Steueroasen.

Die DEG hat unter anderem folgende Projekte direkt oder indirekt durch Finanzintermediäre finanziert

In Nigeria hat die DEG laut Oxfam in das Lagoon-Projekt investiert. Nigeria weist die vierthöchste Müttersterblichkeitsrate weltweit auf. Rund 90 % der ärmsten Frauen entbinden allein, ohne Hebamme oder anderes medizinisches Fachpersonal. Die Lagoon-Krankenhäuser von Hygeia befinden sich in einigen der exklusivsten Stadtteile von Lagos, so Oxfam. Die Kosten für eine Geburt entsprechen dem Einkommen von neun Monaten der ärmsten 50 % der Bevölkerung.

In Indien verhängte die West Bengal Clinical Establishment Regulatory Commission eine Geldstrafe gegen das von der DEG unterstützte Medica-Krankenhaus in Kalkutta, weil es sich Oxfam zufolge in den ersten Tagen der Pandemie geweigert hatte, eine COVID-19-Patientin aufzunehmen. Das Krankenhaus von Medica in Jharkhand wurde von der Gesundheitsbehörde ebenfalls beschuldigt, schwerkranke COVID-19-Patient*innen Stunden vor ihrem Tod in staatlichen Krankenhäusern "abgeladen" zu haben. Die DEG leistete Medica während der Pandemie zusätzliche finanzielle Unterstützung, so Oxfam.

"Die Förderung des Privatsektors im Gesundheitswesen einkommensschwacher Ländern durch die Entwicklungsbanken reicher Länder ist ein fataler Irrweg", erklärte Leonie Petersen, Referentin für Globale Gesundheit bei Oxfam Deutschland. "Private Investor*innen und die Eigentümer*innen von Gesundheitsunternehmen profitieren, auf der Verliererseite stehen diejenigen, die den Zugang zu den Leistungen nicht bezahlen können und unter Krankheit, Diskriminierung und Armut leiden."

Eine aktuelle Studie von Support for Advocacy and Training to Health Initiatives (SATHI), India mit dem Titel Supporting Patients or Profits – Analysing Engagement of German Developmental Agencies in the Indian Private Healthcare Sector bestätigt laut Oxfam die Ergebnisse: mangelnde Transparenz durch fehlende Angaben und Investitionen in komplexe und undurchsichtige Private-Equity-Fonds sowie Berichte über immense Kosten und Fehlbehandlungen in einem indirekt durch die DEG finanzierten Krankenhaus.

Oxfam fordert von den Entwicklungsbanken und den sie unterstützenden Regierungen, alle zukünftigen direkten und indirekten Investitionen von Entwicklungsbanken für die profit-orientierte private Gesundheitsversorgung zu stoppen und sich stattdessen auf den Ausbau und die Stärkung öffentlicher Gesundheitssysteme zu konzentrieren.

Quelle: www.oxfam.de


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