Berlin. - Ursula von der Leyen, Präsidentin der Europäischen Kommission und Pedro Sánchez, spanischer Ministerpräsident, sind zu Besuch in Mauretanien. Das Land an der Westküste Afrikas gehöre laut den Vereinten Nationen zu den ärmsten Ländern der Welt.
Der Besuch findet zu einem kritischen Zeitpunkt statt: Jeder zehnte Mensch im Land leidet Hunger. Zudem beherberge Mauretanien das größte Lager für malische Geflüchtete: Das Mbera-Flüchtlingscamp hat mit mehr als 90.000 Menschen seine Kapazitätsgrenze erreicht, beklagt die humanitäre und entwicklungspolitische Hilfsorganisation, Aktion gegen den Hunger.
Seit mehr als einem Jahrzehnt fliehen Zehntausende Menschen aus Mali aufgrund der anhaltenden Instabilität und Gewalt in ihrem Land nach Mauretanien. Das Land hat die meisten malischen Geflüchteten aufgenommen. Die Aussichten auf eine Rückkehr dieser Flüchtlinge seien sehr gering. Seit April 2023 verschärft sich die Lage: Die prekäre Sicherheitslage in Mali führte zu einem neuen massiven Zustrom von Flüchtlingen in Mauretanien. Besonders in der Region Hodh El Chargui suchen viele nach Zuflucht: Mehr als 90.000 Menschen seien dort registriert. Das ist mehr als die gesamte Bevölkerung des größten syrischen Flüchtlingslagers. Bald können keine weiteren Menschen mehr aufgenommen werden.
Die Ankunft der Vertriebenen habe Konfliktpotential, denn die Ressourcen sind begrenzt und der soziale Zusammenhalt in den Aufnahmegemeinden brüchig. Shanti Moratti, Länderdirektorin von Aktion gegen den Hunger in Mauretanien, sagt: "Das Gesundheitssystem in Hodh El Chargui ist anfällig und hat Lücken in der Grundversorgung. Davon ist die gesamte Bevölkerung, einschließlich der Einwohner*innen, Geflüchteten sowie Rückkehrenden betroffen. Der fehlende Zugang zu sauberem Wasser erhöht das Risiko von ansteckenden Krankheiten und Mangelernährung. Die fehlenden Hygienemöglichkeiten führen zur Verbreitung von Durchfallerkrankungen. Diese Probleme betreffen alle gleichermaßen, unabhängig davon, ob es sich um Gastgeber*innen, Geflüchtete oder Rückkehrende handelt. Das verschärft die Herausforderungen in der Region noch weiter."
Daher sei es für die humanitäre Hilfe besonders wichtig, dass sich die Hilfsmaßnahmen sowohl an die Geflüchteten innerhalb der Camps, als auch an die Menschen außerhalb in den Aufnahmegemeinden richten, um den sozialen Zusammenhalt zu stärken.
"Um das friedliche Zusammenleben zu fördern, müssen wir bei unseren Programmen sowohl auf die Bedürfnisse der Menschen, die geflüchtet sind, als auch die Bedürfnisse der Aufnahmegemeinden eingehen. In unserer Arbeit stellen wir folgende Aspekte in den Mittelpunkt: Grundversorgung der Familien, Schutz der Bevölkerung und langfristige Verbesserung der Lebensbedingungen. So können wir in einer Region mit begrenzten Ressourcen und schwacher Grundversorgung Konflikten zwischen den Gemeinschaften vorbeugen“, so Moratti.
Daten und Fakten zur Lage in Mauretanien
Die Situation in Mauretanien zeichnet sich durch ein hohes Maß an Ernährungsunsicherheit und Mangelernährung aus. Nach Angaben des Cadre Harmonisé waren im vierten Quartal 2023 schätzungsweise 232.688 Menschen, das sind 5 Prozent der Gesamtbevölkerung, von Ernährungsunsicherheit betroffen. Für die Saison Juni-Juli-August 2024 wird die Zahl der Menschen, die unter Ernährungsunsicherheit leiden, auf 360.000 prognostiziert. Damit steigt der Anteil auf 8 Prozent der mauretanischen Bevölkerung.
Die Ernährungslage ist nach wie vor besorgniserregend, denn die Daten zur akuten Mangelernährung zeigen eine landesweite Prävalenzrate von 11,6 Prozent. In mehreren Regionen hat sich die Ernährungssituation von einer Krise bis hin zu einer Notsituation entwickelt (IPC-Skala). Im Jahr 2024 werden schätzungsweise 44.384 Kinder unter fünf Jahren von schwerer akuter Mangelernährung betroffen sein.
Sánchez und von der Leyen stellen Mauretanien humanitäre und wirtschaftliche Hilfsleistungen in Aussicht, um die irreguläre Migration nach Europa einzudämmen und das Land in der Entwicklung seiner Wirtschaft zu unterstützen. Laut Daten der kanarischen Autonomieregierung stammen 85% der irregulären Migranten, die die Küsten der kanarischen Inseln erreichen, aus Mauretanien. Sánchez zeigte sich besorgt über die aktuelle Lage in der Sahelregion und die Auswirkungen, die die Instabilität in der Region bereits auf Spanien hat.
Quelle: www.aktiongegendenhunger.de und Antena 3