Berlin. - Im Vorfeld der Wahlen in Mexiko am 2. Juni haben die Deutsche Menschenrechtskoordination Mexiko und das katholische Hilfswerk Misereor auf die zunehmende Gewalt im Land, insbesondere auch gegenüber Menschenrechts- und Umweltschutzorganisationen sowie Medienvertretern aufmerksam gemacht. „Für die Menschenrechte war der Wahlkampf in mehrfacher Hinsicht eine vergebene Chance“, erklärten die NGOs. „Konstruktive Vorschläge, wie die Suche nach den über 100.000 Verschwundenen intensiviert werden kann oder Menschenrechtsverteidiger*innen besser geschützt werden können, gab es kaum.“ Gleichzeitig sei es in den Monaten vor der Wahl immer wieder auch zu scharfen rhetorischen Angriffen von Regierungsseite auf Menschenrechtsorganisationen gekommen – zuletzt auf die international anerkannten Menschenrechtszentren Fray Bartolomé de las Casas und Miguel Agustín Pro Juárez. Beide hatten auf die gravierende Gewaltsituation aufmerksam gemacht.
„Mexikos Regierung ist im Wahlkampf dazu übergegangen, die Überbringer der schlechten Nachricht zu bestrafen, statt den Ernst der Lage anzuerkennen und effektive Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung und der Zivilgesellschaft zu ergreifen. Dies zeigt sich insbesondere in Bundesstaaten wie Chiapas, wo die organisierte Kriminalität die lokale Bevölkerung terrorisiert und vertreibt, während gleichzeitig eine hohe militärische Präsenz herrscht. Es ist dringend notwendig, dass die mexikanische Regierung die Gewaltsituation in weiten Teilen des Landes, die Suche nach den Verschwundenen und den Schutz von Menschenrechtsverteidiger*innen und Journalist*innen zur Priorität macht“, sagte Françoise Greve, Koordinatorin der Deutschen Menschenrechtskoordination Mexiko.
Während des Wahlkampfes sei es zudem zu einer Welle der politischen Gewalt gekommen: Seit Juni 2023 zählte das Rechercheprojekt „Votar entre balas“ („Wählen inmitten von Kugeln“) 35 ermordete Kandidat*innen und Vorwahlkandidat*innen (Stand: 19. Mai 2024). Gewalt und Drohungen hätten landesweit dazu geführt, dass zahlreiche Lokalpolitiker*innen ihre Kandidatur zurückzogen..
Mexiko ist eines der gefährlichsten Länder für Menschenrechtsverteidiger, Umweltschützer und Medienschaffende weltweit. Laut dem Büro des UN-Hochkommissariats für Menschenrechte in Mexiko wurden vom 1. Januar 2019 bis 28. Februar 2024 mindestens 103 Menschenrechtsverteidiger, 41 Journalisten und sieben Medienschaffende aufgrund ihrer Arbeit ermordet. In dieser allgemein gefährlichen Lage setzen rhetorische Angriffe in Wahlkampfzeiten Menschenrechtsverteidiger und Journalisten einem zusätzlichen Risiko aus.
„Eine lebendige Zivilgesellschaft und eine freie Presse sind das Rückgrat einer Demokratie und müssen in Wahlzeiten besonders geschützt werden“, betonte Benjamin Schwab, Mexiko-Referent bei Misereor. „Die deutsche Bundesregierung sollte sich in bilateralen Gesprächen mit der mexikanischen Regierung entschiedener für den Respekt von Menschenrechten und freier Presse und gegen die massive Militarisierung aller Bereiche der Gesellschaft einsetzen. Deutschland ist als sogenannter globaler Partner Mexikos in der Verantwortung vehement für demokratische Teilhabe und die Förderung einer aktiven, pluralen Zivilgesellschaft einzutreten“, so Schwab.
Quelle: www.misereor.de