Cartoon by Norman B. Isaac, Philippines. Copyright (c) by epo.de
Cartoon by Norman B. Isaac (1947-2020), Philippines

Berlin/London (epo.de). - Der Economist, seines Zeichens Kapitalismusversteher Nr. 1 unter den Wirtschaftsmagazinen dieser Welt, hat seinen jährlichen Bericht «The world’s richest countries in 2024» veröffentlicht. Die Unterscheidung zwischen reich und arm ist kompliziert, räumt das Blatt selbst ein. Was soll man als Faktor berücksichtigen? Die reine Wirtschaftsleistung? Pro Kopf? Das Volksvermögen? Der Economist bleibt bei der konservativen Linie, obwohl es inzwischen intelligentere Methoden gibt, "Märkte" und Kaufkraft der Bevölkerung international zu vergleichen. Ein Kommentar.

Das Bruttoinlandsprodukt (BIP/GDP), noch immer heilige Kuh der Hardcore-Ökonomen, ist natürlich auch für das Ranking des Economist die wichtigste Größe. Bo Franklin, Senior Digital Editor, zitiert im Newsletter zunächst George Canning (britischer Premierminister im 19. Jahrhundert), zum Thema Statistik:

  “I can prove anything by statistics except the truth.”

"At The Economist, quantitative folk that we are, we would strongly disagree", meint Franklin dazu. Die quantitativen Leute des Economist meinen, dass das BIP anhand dreier Messgrößen angepasst werden sollte: der Bevölkerungszahl, der Kaufkraft im jeweiligen Land und der Produktivität.

Was das BIP ("GDP per person at market exchange rates") angeht, liegt die Schweiz vorne, bei der nach der Kaufkraft gelisteten Statistik ("Adjusted for cost differences") liegen Brunei und die Schweiz fast gleichauf. Hinsichtlich der Produktivität ("Adjusted for costs and hours worked") ist Norwegen führend.

Letztes Land in den BIP-Charts des Economist – in allen Kategorien – ist Burundi. BIP: $200 pro Jahr und Person. Sierra Leone ist das zweitärmste Land der Welt, vor der Zentralafrikanischen Republik. Die "quantitativen Leute" in der Redaktion wissen: "Poorer countries tend to have large informal economies, however, which makes their total output and working hours harder to gauge."

In einem anderen Economist-Ranking, "The world’s most liveable cities in 2024", liegen Wien, Kopenhagen und Zürich vorne. Auf den billigsten Plätzen sitzen Algier (171), Tripolis (172) und Damaskus (173).

Es gibt schlauere Methoden, die Wirtschaftskraft oder besser die Lebensqualität zu vergleichen, etwa den Human Development Report (HDR) des UN-Entwicklungsprogramms (UNDP). Nicht zu vergessen das persönliche und kollektive Glück, das in Bhutan Verfassungsrang besitzt ("Bruttonationalglück" oder Gross National Happiness).

Denn das BIP misst das quantitative Bruttonationaleinkommen und somit lediglich die Geldflüsse -- ganz im Sinne derjenigen, die mit einem Federstrich über das Wohl und Wehe ganzer Bevölkerungsschichten entscheiden können. Beispielsweise durch die Strukturanpassungsprogramme des IWF und der Weltbank.

Klaus Boldt ist Herausgeber von Entwicklungspolitik Online und der epo Jobbörse für Entwicklungsexperten. Er lebt und arbeitet in Berlin und im Redaktionsbüro in Laufenburg/Schweiz.

arrowCartoon by Norman B. Isaac, Philippines, aus: Klaus Boldt, K. Friedrich Schade: "Das kann doch nicht die Erde sein? Da steht ja noch ein Baum! Verschuldungskrise und Umweltzerstörung in Karikaturen und Zeichnungen aus der Dritten Welt, epd-Entwicklungspolitik Materialien, Frankfurt am Main 1990, 71 Seiten, ISSN 0177-5510. 


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