Aachen. – Anlässlich des Internationalen Tags zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen am 25. November, weist Misereor auf die verheerende Lage der Frauen in Afghanistan hin. Seitdem die radikale Taliban-Regierung im Oktober ca. 100 frauenfeindliche Dekrete als sogenanntes Tugendgesetz erlassen hat, verschlimmert sich die Situation von Frauen und Mädchen täglich. Sie werden zunehmend aus dem öffentlichen Leben ausgeschlossen, dürfen weder Bildung noch Arbeit nachgehen, und viele sind Gewalt, Misshandlungen und Hunger ausgesetzt. Misereor appelliert an die deutsche Bundesregierung, alle Anstrengungen fortzusetzen, um weiterhin Unterstützung für die Frauen in Afghanistan zu gewährleisten.
„Frauenstimmen sollen nicht gehört werden, nicht in der Öffentlichkeit, nicht in den Gemeinden, nicht in den Gebeten“, sagt Amira Shirin*, eine Misereor-Projektpartnerin aus Afghanistan, die sich aktuell in Deutschland aufhält. Dass Frauen nicht mehr in der Öffentlichkeit sprechen dürfen, ist Folge des eingeführten Tugendgesetzes, das die Frauen in allen Lebensbereichen einschränkt. „Die repressiven Regeln haben unser Leben immer stärker im Griff. Frauen, die sich einst frei bewegen konnten, sind nun in die Dunkelheit gedrängt und hinter Schleiern verborgen. Die Angst vor Entführung, Gewalt und sogar Mord ist ein ständiger Begleiter für afghanische Frauen“, so Shirin. Frauen werden von den Taliban als „Verführerinnen“ von Männern sexualisiert. Die Gesetzesvollstrecker, sogenannte Tugendwächter, dürfen bei Nichtbeachtung der Vorschriften nach eigenem Ermessen strafen – ihre Gewalt richtet sich oftmals gezielt gegen Frauen.
Humanitäre Situation ist dramatisch
„Die Situation im Land ist desaströs“, betont auch Anna Dirksmeier, Misereor-Expertin für Afghanistan. Die neuen Gesetze des Terror-Regimes treiben viele Frauen und ihre Kinder in den Hunger. Besonders hart trifft es Witwen und Alleinerziehende. Laut der Vereinten Nationen lebt 97 Prozent der Bevölkerung in Armut. Über die Hälfte der 42 Millionen Einwohner*innen sind auf humanitäre Hilfe angewiesen, um zu überleben. Der Europäische Gerichtshof hat im Oktober zugesichert, dass allen afghanischen Frauen in der EU ein Recht auf Asyl zusteht. „Das ist ein einmaliges und klares Zeichen dafür, wie dramatisch die Lage für Frauen ist. Doch eine Flucht ist so gut wie unmöglich. Ihre Grundrechte werden mit Füßen getreten“, so Dirksmeier.
Spielräume nutzen und rote Linien beachten
Misereor fordert die Bundesregierung auf, alle verfügbaren Handlungsspielräume in der internationalen Zusammenarbeit zu nutzen, um die Frauen in Afghanistan zu unterstützen – auch wenn ihr Leben sich nun überwiegend im privaten Raum abspielt. „Egal wie klein die Spielräume sind: jede Chance, die Frauen im Land zu erreichen, sollte genutzt werden. Wenn die Hilfe afghanische Frauen nicht mehr erreichen kann, ist für Misereor eine rote Linie erreicht. Misereor wird keine Projekte ohne Frauen fördern“, erklärt Dirksmeier. Sie unterstreicht, dass die Gesundheitsversorgung, die Deckung der Grundbedürfnisse, Bildungschancen und Zukunftsperspektiven der Frauen zentrale Ziele der Zusammenarbeit bleiben müssen.
* Aus Sicherheitsgründen wurde der Name von der Redaktion geändert.
Misereor bittet um Spenden für die Projektpartner*innen in Afghanistan.
Stichwort: Nothilfe Afghanistan, S05242
IBAN: DE75 3706 0193 0000 1010 10
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Obwohl die Taliban die Arbeit der Partnerorganisationen von Misereor massiv einschränken, bleibt Misereor an der Seite der Menschen in Afghanistan, um besonders bedürftige Menschen, vor allem die Frauen, zu unterstützen.
Quelle: www.misereor.de