netzwerk gerechter welthandelBerlin/Brüssel. – Kurz vor einem möglichen Abschluss des EU-Mercosur-Handelsabkommens warnen erneut 395 zivilgesellschaftliche Organisationen, soziale Bewegungen und wissenschaftliche Institutionen aus Lateinamerika und Europa eindringlich vor dem Abkommen. Sie fordern einen Stopp des Vertrags, da dieser die Interessen von Konzernen über den Schutz von Menschen, Umwelt und demokratischen Rechten stelle.

Gefahr für Umwelt und Menschenrechte

Das Freihandelsabkommen würde den Export von Fleisch- und Futtermitteln aus Lateinamerika in die EU begünstigen. Dafür müssten indigene Gemeinschaften weichen, und wertvolle Regenwaldflächen würden zerstört, um Platz für Rinderherden und Sojaanbau zu schaffen. Im Gegenzug planen die EU-Staaten, vermehrt Pestizide und Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren nach Lateinamerika zu exportieren. „Statt Lösungen anzubieten, wirkt das EU-Mercosur-Abkommen wie ein Brandbeschleuniger für soziale und ökologische Krisen. Das Abkommen ist Gift für die Artenvielfalt und wird das Klima weiter anheizen. Durch Billigimporte gerät unsere heimische Landwirtschaft außerdem noch mehr unter Druck. Nicht ohne Grund protestieren Bäuerinnen und Bauern in vielen EU-Staaten gegen den Vertrag“, erklärt Ludwig Essig, Experte für Handelspolitik am Umweltinstitut und Koordinator des Netzwerks gerechter Welthandel.

Die unterzeichnenden Organisationen fordern die EU und die Mercosur-Staaten nachdrücklich auf, ihre Verpflichtungen zum Schutz von Klima, Menschenrechten und sozialer Gerechtigkeit ernst zu nehmen und das EU-Mercosur-Abkommen abzulehnen. „Es ist Zeit für Handelsbeziehungen, die auf Solidarität, Demokratie, Transparenz, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit basieren“, heißt es in der Erklärung.

Undemokratische Tricksereien, um das Abkommen durchzudrücken

Seit 25 Jahren laufen die Verhandlungen über das EU-Mercosur-Abkommen. In den letzten Wochen hieß es mehrfach, der Abschluss des Vertrags stehe unmittelbar bevor. Gleichzeitig mehren sich Berichte, dass große EU-Länder wie Frankreich, Italien und Polen weiterhin erhebliche Vorbehalte haben. Um kritische Stimmen aus den Mitgliedstaaten zu umgehen, plant die EU-Kommission, das Abkommen "aufzusplitten". Dadurch könnten nationale Parlamente in ihrem Mitspracherecht umgangen werden. Der größte Teil des Abkommens würde auf EU-Ebene beschlossen, während nur über die "politischen" Aspekte, wie die rechtlich unverbindliche Zusatzerklärung zum Waldschutz, noch in den nationalen Parlamenten abgestimmt würde, so das Netzwerk.

Aus Sicht des Umweltinstituts wäre das eine Verletzung demokratischer Prinzipien: „Von der Leyens Plan des „Splittings” ist ein gefährlicher Taschenspielertrick, um das Abkommen gegen die vorhandenen Widerstände durchzuboxen. Der Versuch, den nationalen Institutionen die politische Kontrolle zu entziehen, schwächt das Vertrauen in die EU”, so Essig.

Über das EU-Mercosur-Abkommen

Seit 1999 verhandelt die EU-Kommission mit den Mercosur-Staaten Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay über die Errichtung der größten Freihandelszone, die die EU je angestrebt hat. Dieses Abkommen würde über 780 Millionen Menschen betreffen und 91 Prozent der EU-Exporte in die Mercosur-Länder von Zöllen befreien. Im Gegenzug sollen die Mercosur-Staaten ihre Einfuhrzölle auf europäische Industrieprodukte wie Autos, Autoteile, Maschinen, Chemikalien, Kleidung, Medikamente, Lederschuhe und Textilien abschaffen.

Erklärung und Unterstützer-Liste

Quelle: www.gerechter-welthandel.org

www.forumue.de

www.umweltinstitut.org


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