München. - Der jahrelange Krieg und das verheerende Erdbeben von 2023 haben weitreichende Folgen für die syrische Zivilbevölkerung: Schätzungen zufolge lebt fast ein Drittel der syrischen Bevölkerung über zwei Jahren mit einer Behinderung. 70 Prozent der Bevölkerung sind auf humanitäre Hilfe angewiesen. Die Infrastruktur, darunter Krankenhäuser, Wohnhäuser und Schulen, wurde großflächig zerstört, während viele Gebiete durch Minen und Blindgänger gefährlich kontaminiert bleiben, meldet die Hilfsorganisation Handicap International.
„Aufgrund der hohen Zahl an Verletzungen und des eingeschränkten Zugangs zu angemessener medizinischer Versorgung lebt knapp ein Drittel der Bevölkerung mit irgendeiner Form von Behinderung. Fast alle Syrerinnen und Syrer sind vom Krieg betroffen und durch die Auswirkungen des Konflikts traumatisiert“, sagt Danila Zizi, HI-Programmdirektorin für Syrien. „Zudem sind viele Gebiete unbewohnbar. Großstädte wie Rakka, Ost-Aleppo, Deraa, Homs und Ost-Ghouta wurden durch Bombardierungen verwüstet. Bei der Offensive auf Rakka im Jahr 2017 wurden beispielsweise 80 Prozent der städtischen Infrastruktur zerstört. Der Zugang zu medizinischer Versorgung oder Schulen ist nach wie vor stark eingeschränkt“, so Zizi weiter. Nach Angaben der Vereinten Nationen sind 16,7 Millionen Menschen auf humanitäre Hilfe angewiesen, darunter viele, die unter den Folgen des katastrophalen Erdbebens vom Februar 2023 leiden.
Minen und Blindgänger bedrohen die Zivilbevölkerung
Felder, Dörfer und Städte sind bis heute mit Minen und Blindgängern übersät und beeinträchtigen somit das tägliche Leben massiv. Schätzungen haben ergeben, dass seit Beginn des Krieges in Syrien im Jahr 2011 landesweit mehr als eine Million Sprengkörper eingesetzt wurden, vor allem in bewohnten Gebieten. In der Regel explodieren 10 bis 30 Prozent der eingesetzten Munition nicht, was zu einer hohen Kontaminierung mit Blindgängern führt. Familien, die in ihre Häuser oder auf ihr Land zurückkehren wollen, müssen mit Explosionen rechnen, die zu schweren Verletzungen oder gar zum Tod führen könnten.
HI fordert Verstärkung der humanitären Hilfe
Die Teams von Handicap International unterstützen Betroffene mit Prothesen, Rollstühlen und Physiotherapie, betreuen traumatisierte Menschen mit psychologischer Hilfe und klären über die Gefahren von Minen und Blindgängern auf. Die Organisation fordert die Konfliktparteien auf, ungehinderten Zugang für humanitäre Helfer zu gewähren und das humanitäre Völkerrecht einzuhalten. „Die internationale Gemeinschaft muss handeln,“ appelliert Zizi. „Von den benötigten vier Milliarden Euro für humanitäre Hilfe in Syrien wurden bislang nur 26 Prozent zugesagt. Die Geberländer müssen ihre Versprechen einlösen, um das Leid der Menschen zu lindern.“
Quelle: www.handicap-international.de