Berlin (epo.de). - Nach der Machtübernahme durch Präsident Donald Trump hat die US-Administration sich in Windeseile daran gemacht, die Entwicklungsbehörde USAID aufzulösen oder zumindest aufzuspalten. Ob die Reste von USAID mit dem Außenministerium (State Department) verschmolzen werden, ist noch unklar. Außenminister Marco Rubio hat Medienberichten zufolge bereits erklärt, er sei amtierender Leiter von USAID und das State Department werde «bestimmte Büros, Dienststellen und Aufträge» übernehmen. Der Rest der Agency solle in Übereinstimmung mit den gesetzlichen Vorschriften abgewickelt («abolished») werden, schrieb er in einem Brief an den US-Kongress.
«They referred us to the State Department as if USAID had already been rolled in,» erklärte Senator Chris Van Hollen laut einem Bericht von Devex vom Dienstag, der mit «Feindliche Übernahme?» überschrieben ist. Zahlreiche USAID-Angestellte wurden demnach bereits vor oder am Wochenende angewiesen, am Montag nicht zum Dienst zu erscheinen. Auch eine Abordnung demokratischer Abgeordneter durfte das USAID-Gebäude nicht betreten. Sie nannten eine Übernahme der USAID-Geschäfte durch das State Department «illegal».
Der Abteilungsleiter für Auslandshilfe im State Department, Peter Marocco, ist von Außenminister Marco Rubio zum Stellvertretenden Administrator der US-Entwicklungsbehörde ernannt worden. Er solle «eine Überprüfung und mögliche Reorganisation» von USAID in die Wege leiten, heißt es in Rubios Brief an den Kongress. Marocco gilt als ausgesprochener Gegner der US-Auslandshilfe, die ein Budget von mehr als 30 Milliarden US-Dollar hat und unter anderem wichtige Institutionen in Bereichen wie Humanitäre Hilfe, Gesundheit oder Minensuche finanziert. In vielen staatlichen wie nichtstaatlichen Institutionen bangt man um die nötigen Mittel, die Arbeit fortzusetzen zu können.
Beispielsweise ist das Famine Early Warning Systems Network (FEWS NET) ein von USAID finanziertes Frühwarnsystem für Hungersnöte. Im Netzwerk arbeiten internationale, regionale und nationale Partner zusammen. FEWS NET-Mitarbeiter sind in Afrika, Zentralamerika, Haiti, Afghanistan und den Vereinigten Staaten stationiert, um die Daten auszuwerten. FEWS NET liefert politischen Entscheidungsträgern monatliche Informationen zu Ernährungssicherheit in 25 Ländern, Prognosen und Notfallmeldungen.
Erfolge der EZ gefährdet
Die internationale Entwicklungs- und Lobbyorganisation ONE beklagte, die Entscheidungen von Trump und Musk drohten, «die hart erkämpften Erfolge der Entwicklungszusammenarbeit zunichte zu machen». ONE forderte die Bundesregierung auf, die Führungsrolle in der Entwicklungszusammenarbeit zu übernehmen und «ihr politisches Kapital zu nutzen, damit der weltweite Kampf gegen Armut, Hunger und Krankheit weiter Früchte trägt.»
Trump hatte mehr als ein Dutzend führende Mitarbeiter von USAID bereits am Wochenende aus ihrem Amt entlassen, darunter die gesamte Führungsriege in der Abteilung Gesundheit. Der amtierende USAID-Administrator Jason Gray begründete dies in einer Mail an alle Mitarbeiter am Montag damit, sie hätten versucht, Direktiven Trumps zu unterlaufen.
Hintergrund dieser Entlassungen ist laut der Nachrichtenagentur Associated Press offenbar die Weigerung führender USAID-Angestellter, wichtige Informationen, darunter Geheimdienstberichte, an das Department of Government Efficiency (DOGE) herauszugeben, das von Elon Musk geleitet wird. Sie begründeten dies mit fehlenden Sicherheitsfreigaben der DOGE-Mitarbeiter. Wenig später wurde der X-Account von USAID gelöscht. Auch die Website ist seither nicht mehr erreichbar.
Devex zitiert den demokratischen Senator Chris Murphy mit den Worten: «This is a constitutional crisis. «The people get to decide how their taxpayer money is spent. Elon Musk does not get to decide.» Musk hatte auf seiner Plattform X erklärt, für USAID sei es «Zeit zu sterben» («time for it to die») und die Mitarbeiter beschimpft: Sie seien «an arm of the radical-left globalists». Das USAID-Verwaltungsgebäude in Washington blieb auch am Dienstag geschlossen.
Als Entwicklungsorganisation umstritten
Die US-Entwicklungsbehörde leistet in manchen Bereichen wichtige und vorbildliche Arbeit, vor allem in der Forschung zur Ernährungssicherung und - in Zusammenarbeit mit der Gesundheitsbehörde CDC - zur weltweiten Bekämpfung von Krankheiten und Epidemien.
USAID ist als staatliche Behörde jedoch gehalten, ihre Auslandshilfen nach Möglichkeit mit einer Lieferbindung zu versehen. Als größter Geber von Nahrungsmittelhilfe weltweit profitieren so vor allem US-Farmer von den Hilfsgeldern, die auch über das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen (World Food Program, WFP) verteilt werden.
Zudem wird der Großteil der US-Auslandshilfe nicht als nicht rückzahlbare Zuschüsse oder verbilligte Kredite vergeben, sondern als Kredite zu marktüblichen Zinsen. Die Entwicklungszusammenarbeit der USA umfasst deshalb nur rund 0,2 Prozent, gemessen am Bruttoinlandsprodukt der USA, und liegt damit weiter unter dem Niveau von 0,7 Prozent, das die Vereinten Nationen 1970 als angemessene Größe beschlossen haben (O,7%-Ziel).
Die Behörde ist in vielen Ländern des Südens in Verruf geraten, weil sie vom Auslandsgeheimdienst CIA für Spionagezwecke und zur Aufstandsbekämpfung benutzt wurde. In der Vergangenheit wurden CIA-Agenten häufig als «Entwicklungsattachés» getarnt in Botschaften und USAID-Büros eingeschleust.
Mehr Infos:
=> ONE fordert deutsche Führungsrolle in der internationalen Entwicklungszusammenarbeit
=> Trump greift nach USAID - US-Regierung will Entwicklungsbehörde unter Kontrolle bringen
=> Dismantling without a merger: How Trump and Musk undermined USAID
=> Behörde USAID in den USA: Musk will Entwicklungshilfe abwickeln
=> USAID: Trump und Musk starten Feldzug gegen internationale humanitäre Hilfe der USA