G8Berlin (epo.de). - Wenige Tage vor Beginn des G8 Weltwirtschaftsgipfels in St. Petersburg haben der Verband Entwicklungspolitik (VENRO) und der Musiker Herbert Grönemeyer die Einlösung der entwicklungspolitischen Versprechen des letztjährigen G8 Gipfels in Gleneagles gefordert. An die deutsche Bundesregierung ging der Vorwurf, zu wenig zur Bekämpfung der AIDS-Pandemie in den Ländern des Südens zu tun und kein Rezept dafür zu haben, wie der in Gleneagles versprochene Zuwachs der öffentlichen Entwicklungsgelder finanziert werden soll.

Vor einem Jahr hatten die führenden Industrieländer (G7) und Russland auf dem G8-Gipfel im schottischen Gleneagles weit reichende Beschlüsse gefasst, die zur Erreichung der Millenniumsziele und damit zur Halbierung der weltweiten Armut bis 2015 beitragen sollten. Die publikumswirksamen Versprechen müssten nun endlich in Taten umgesetzt werden, fordern die Nichtregierungsorganisationen (NRO).

"Wo bleibt der angekündigte historische Durchbruch bei der weltweiten Armutsbekämpfung?", fragte Herbert Grönemeyer. "Die Versprechen der G8 müssen endlich eingelöst werden. Es ist unerträglich, dass weltweit nur 20 Prozent der AIDS-Kranken Zugang zu einer Behandlung haben, obwohl die Medikamente vorhanden und erprobt sind. Die Chancen auf Leben und Entwicklung müssen weltweit endlich ausgeglichen werden", so der Künstler.

"Damit der von den G8 angestrebte Behandlungszugang für alle AIDS-Patienten bis 2010 kein leeres Versprechen bleibt, müssten alleine in Afrika vier Millionen Ärzte, Pfleger und Krankenschwestern ausgebildet werden", erklärte Christel Rüder, Sprecherin des Aktionsbündnisses gegen AIDS. "Viele erfolgreiche Projekte zeigen, dass HIV-Prävention und AIDS-Behandlung auch in ärmeren Ländern wirksam sind."

Dass nach wie vor Millionen Menschen keinen Zugang zu Prävention und Behandlung hätten, liege auch am fehlenden Geld, sagte Rüder. Der Globale Fonds, den die G8 im Jahr 2001 gegründet hatten, um weltweit Gesundheitsprogramme zu finanzieren, kämpfe jedes Jahr mit mangelnden Zusagen. "Die Bundesregierung muss ihren Beitrag zum Globalen Fonds mindestens verdoppeln", forderte Rüder. Während Deutschland plane, 2007 rund 94 Millionen US-Dollar einzuzahlen, hätten Frankreich und Großbritannien 386 Millionen bzw. 188 Millionen US-Dollar zugesagt.

Jürgen Hammelehle vom Verband Entwicklungspolitik (VENRO) kritisierte Unklarheiten bei den versprochenen Zuwächsen der öffentlichen Mittel für Entwicklungszusammenarbeit: "Es ist immer noch offen, wie der in Gleneagles versprochene Zuwachs der öffentlichen Entwicklungsgelder in Höhe von 50 Milliarden US-Dollar pro Jahr bis 2010 aufgebracht werden soll", sagte das VENRO-Vorstandsmitglied.

In Deutschland sei dazu eine jährliche Erhöhung des Budgets für Entwicklungszusammenarbeit um 1,3 Milliarden Euro nötig. "Aus dem Bundeshaushalt allein ist ein solcher Anstieg nicht zu bewältigen", so Hammelehle. "Deshalb ist unverständlich, dass ausgerechnet die Bundesregierung bei innovativen Finanzierungsquellen für Entwicklungszusammenarbeit zaudert."

Hammelehle verwies auf Frankreich, das in diesem Monat eine Flugticketabgabe zur Finanzierung des weltweiten Kampfs gegen HIV/AIDS, Malaria und Tuberkulose einführte. "Die Bundesregierung schiebt die Entscheidung über neue Finanzierungswege leider ergebnislos vor sich her", kritisierte der VENRO-Vertreter.

Beim G8-Thema Bildung dürfe sich der Gipfel in Russland nicht allein auf höhere Bildung konzentrieren, sondern müsse vor allem das Millenniumsziel einer Grundbildung für alle Kinder verfolgen. "Die in Gleneagles versprochene Finanzierung der "Education for All Fast Track Initiative" muss endlich sichergestellt werden", forderte Hammelehle. Dazu fehlten allein in diesem Jahr noch 420 Millionen US-Dollar.

"Die Bundesregierung kann jetzt Geschichte schreiben, indem sie dafür sorgt, dass die gemachten Versprechen eingelöst werden und indem sie dem Thema Armutsbekämpfung eine hohe Priorität auf der Tagesordnung des G8 Gipfels 2007 in Heiligendamm gibt", sagte Hammelehle. Auf der "Civil G8"-Konferenz Anfang Juli in Moskau seien erste Ansätze zur Demokratisierung des G8 Gipfels und zu einem Dialog mit der Zivilgesellschaft gemacht worden. "Durch weitere Schritte in diese Richtung kann die Bundesregierung in Heiligendamm entscheidend zur Erhöhung der politischen Glaubwürdigkeit der G8 beitragen", so der VENRO-Vertreter.

Die Aktion "Deine Stimme gegen Armut" und das Aktionsbündnis gegen AIDS erinnerten die Bundesregierung ebenfalls an ihre Versprechen. "Frau Merkel! Nicht vergessen: Sie sind unsere Stimme beim G8-Gipfel. Bekämpfen Sie Armut, Hunger und HIV/AIDS!", ist vom 10. bis 15. Juli auf einer Video-Leinwand auf dem Berliner Kurfürstendamm zu lesen. In der "Nacht der Solidarität", zu der das Aktionsbündnis gegen AIDS aufruft, wollen am 15. Juli mehr als 150 Organisationen und Tausende Bürgerinnen und Bürger in deutschen Städten an die Bundesregierung und die G8 appellieren, ihre Beschlüsse in die Tat umzusetzen und mehr für die weltweite Bekämpfung von HIV/AIDS zu unternehmen.

www.g8russia.ru
www.deine-stimme-gegen-armut.de
www.aids-kampagne.de