Berlin. - VENRO, der Dachverband der entwicklungspolitischen und humanitären Nichtregierungsorganisationen, befürchtet strukturelle Veränderungen bei der Entwicklungszusammenarbeit und humanitären Hilfe im Rahmen der kommenden Koalitionsverhandlungen. So könnte das Bundesministerium der Entwicklungszusammenarbeit (BMZ) abgeschafft oder die humanitäre Hilfe aus dem Auswärtigen Amt ins BMZ überführt werden. Der Verband spricht sich – auch vor dem Hintergrund einer alarmierenden Weltlage – gegen beide Vorhaben aus und plädiert für ein eigenständiges und gut ausgestattetes Entwicklungsministerium.
Die Zunahme von Konflikten sowie der Ausfall der US-Entwicklungsleistungen (USAID) sowie Kürzungspläne in vielen europäischen Ländern (Niederlande, Belgien, UK) sorgen für eine dramatische Versorgungskrise in weiten Teilen des globalen Südens. In dieser Situation wäre die Abschaffung eines eigenständigen Entwicklungsministeriums ein fatales Zeichen. „Das Ziel der Entwicklungszusammenarbeit ist die nachhaltige Verbesserung lokaler Strukturen“, erläutert VENRO-Vorstandsvorsitzender Michael Herbst. „Wenn wir den politischen Krisen unserer Zeit begegnen wollen, brauchen wir ein starkes Entwicklungsministerium, das sich den Bedürfnissen der Menschen nach Bildung, Gesundheitsversorgung, Arbeit und anderem widmen kann. Das ist nur in einem eigenständigen Ministerium möglich, das mit eigener Expertise einen Platz am Kabinettstisch hat.“ Hier trage Deutschland große Verantwortung, ein verlässlicher Partner für Länder des globalen Südens zu bleiben. „Überall auf der Welt schauen Menschen gerade nach Deutschland und erwarten unsere Reaktion auf die dramatische Entwicklung bei USAID und anderswo“, so Michael Herbst.
Auch eine Integration der humanitären Hilfe in ein Entwicklungsministerium sieht der Verband aktuell kritisch. „Humanitäre Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit funktionieren nach völlig unterschiedlichen Wirklogiken“, sagt Michael Herbst. Während ersteres Hilfe in akuten Krisen bereitstelle und Menschen vor dem Tod durch Hunger und Krankheiten schütze, sei letzteres auf eine langfristige Entwicklung ausgelegt. Diese beiden Ziele konzeptionell und strukturell zusammen zu bearbeiten, sei zwar grundsätzlich sinnvoll, aber es müsse verhindert werden, dass die jeweiligen Bedarfe der Bereiche dabei nicht mehr ausreichend beachtet würden. „Ein eigenständiges Entwicklungsministerium sorgt dafür, dass die Entwicklungszusammenarbeit nicht unter den Tisch fällt“, so Michael Herbst.
VENRO sieht zudem die Gefahr, dass ein möglicher politischer Umbauprozess zu viel Geld und Ressource binden würde, die aktuell besser in die Arbeit selbst investiert würden. „Wir sollten uns weniger mit unserem eigenen Klein-Klein beschäftigen und den Fokus auf eine starke Entwicklungszusammenarbeit und effiziente humanitäre Hilfe legen“, führt Michael Herbst aus.
VENRO
www.venro.org