Schule auf Nias. Foto: Frank K?rschner-PelkmannGulung Sitoli (epo.de). - Die Bulldozer haben ganze Arbeit geleistet. Kaum irgendwo sind noch Spuren der beiden Katastrophen zu sehen, die die indonesische Insel Nias vor zwei Jahren heimgesucht haben. Stattdessen stehen vielerorts neue Häuser, und überall herrscht eine rege Bautätigkeit. So ist die Lage jedenfalls in den größeren Orten wie der Inselhauptstadt Gulung Sitoli und an den Überlandstraßen. In abgelegeneren Landesteilen hingegen kommt bisher wenig Hilfe an.

Bei der Tsunami-Katastrophe am 26. Dezember 2004 wurde die Westküste der Insel nahe Sumatra von der Flutwelle überrollt. Kaum hatte der Wiederaufbau begonnen, wurde die Insel am 28. März 2005 von einem der schwersten jemals auf der Welt gemessenen Erdbeben erschüttert. Durch dieses Erdbeben wurde die Insel um mehr als einen Meter angehoben. Tausende Gebäude wurden zerstört und begruben etwa 1.000 Menschen unter sich.

Zu den Organisationen, die sich an der Wiederaufbauarbeit beteiligt haben, gehört das Lazarus Hilfswerk in Deutschland e.V. mit Sitz in Hürth bei Köln. Die Organisation, die neben eigenen Mitteln auch Gelder der "Aktion Deutschland hilft" auf Nias einsetzen konnte, entsandte mit Gert Widmann einen einzigen Mitarbeiter nach Nias, der aber über große Erfahrungen in Krisenregionen der Welt verfügte. Er verbrachte die ersten Wochen nach dem Erdbeben damit, sinnvolle Projekte zu identifizieren, für die Lazarus sich engagieren konnte.

In Abstimmung mit den Regierungsstellen und den Kirchen auf der Insel wählte das Hilfswerk sechs Wiederaufbauvorhaben aus. Innerhalb von eineinhalb Jahren wurden drei Schulen, ein Schülerwohnheim, eine große Halle und eine Hafenpier auf der vorgelagerten Insel Simuk wieder aufgebaut. Als Partner wählte man bewusst sowohl die größte evangelische als auch die katholische Kirche sowie staatliche Stellen.

Lazarus orientierte sich an den alten Bauplänen, verwendete aber bessere Baumaterialien und sorgte vor allem dafür, dass die Gebäude erdbebensicher gebaut wurden. Bei diesen Planungen halfen dem Hilfswerk kostenlos australische Ingenieure, die auf erdbebensicheres Bauen spezialisiert sind und nach Nias kamen, um bei den Wiederaufbauarbeiten zu beraten. In den meisten Fällen errichtete das Lazarus Hilfswerk die Gebäude dort, wo sie vorher gestanden hatten, in einigen Fällen wurden aber höher gelegene Standorte gewählt, die vor einer möglichen neuen Tsunami-Welle sicher sind.

Die Baumaßnahmen wurden mit den zuständigen Stellen vereinbart und dann vom Lazarus Hilfswerk geplant, finanziert und überwacht. Da überall auf Nias gebaut wird, erwies es sich als schwierig, zuverlässige Bauunternehmen zu finden. Aber nachdem diese Schwierigkeit überwunden war, konnten die Vorhaben zügig durchgeführt und abgeschlossen werden.

Einen Schwerpunkt der Lazarus-Wiederaufbauarbeit bildeten die Schulen in Mandrehe im Westen der Insel sowie in Lahewa und Lotu im Norden. Übergangsweise waren die Kinder in Zelten unterrichtet worden, und es fehlte nicht nur an Tischen und Stühlen, sondern auch an allem Unterrichtsmaterial. Für die Schulen wurden deshalb auch Möbel, Laborausstattungen und PCs zur Verfügung gestellt.

Die nächste große Herausforderung auf Nias besteht darin, einen qualitativ guten Unterricht anzubieten. Dass dies auch von den Einheimischen so gesehen wird, wurde bei der Einweihung der Schule in Lotu am 9. Dezember 2006 deutlich. Der stellvertretende Regierungspräsident von Nias dankte nicht nur dem Lazarus Hilfswerk und den Spendern in Deutschland für den Bau der Schule, sondern betonte auch die Bedeutung einer qualitativ guten Bildung nach Tsunami und Erdbeben: "Ohne eine gute Erziehung lässt sich der Entwicklungsrückstand der Insel Nias nicht überwinden."

Außerdem baute das Lazarus-Hilfswerk das katholische Schülerwohnheim in Lahewa in Nordnias für 50 Jungen im Alter von 8 bis 16 Jahren neu auf. Da die Eltern der Schüler in einem Umkreis von 30 Kilometern wohnen, ermöglicht den Jungen nur das Wohnheim, die Mittelschule und Oberschule zu besuchen. Da das alte Gebäude zuerst vom Tsunami verwüstet und dann durch das Erdbeben völlig zerstört wurde, entschloss man sich, das neue Wohnheim auf einen Hügel zu setzen und erdbebensicher zu errichten.

Größtes Projekt des Lazarus Hilfswerks und zugleich das größte Gebäude auf Nias ist die "Aula Sundermann". Die große Halle ist das Herzstück der theologischen Ausbildungsstätte der BNKP, der größten protestantischen Kirche auf Nias. Die beim Erdbeben zerstörte Aula war erst 1999 errichtet worden. Lazarus-Mitarbeiter Gert Widmann erinnert sich an seinen ersten Eindruck bei der Besichtigung der Trümmer: "Vor mir lag ein Trümmerfeld mit großen Betonbrocken, Stahlteilen, Stahlträgern, alles wirr durcheinander. Zuschaden kam bei dem Einsturz niemand, aber die Betroffenheit war sehr groß. Für die Aula besteht bei der Kirche und der Öffentlichkeit ein echtes Bedürfnis. Da war es für den Vorstand des Lazarus Hilfswerkes in Hürth nicht sehr schwer, die Zustimmung für den Wiederaufbau dieses eingestürzten Gebäudes zu geben."

Inzwischen wird die Aula, nicht nur von der theologischen Hochschule und den benachbarten kirchlichen Schulen, sondern auch von der Öffentlichkeit intensiv genutzt, denn nirgends sonst auf Nias lassen sich 1.500 Menschen in einer Halle unterbringen, dazu in einer sehr schön gestalteten Halle. Aber nicht nur auf die Gestaltung wurde Wert gelegt, sondern auch auf die Erdbebensicherheit. Denn sollte die Halle einstürzen, wäre dies eine Katastrophe für die ganze Insel. Massive Stützpfeiler an den Seiten geben dem Gebäude Stabilität. Die erste Bewährungsprobe erlebte die Aula gleich zu Beginn der Einweihungsfeier am 6. September 2006. Eines der vielen Erdbeben, die Nias heimsuchen, erschütterte den Neubau - er hielt den Erdstößen stand. Bei einem schweren Erdbeben wären Risse in den Wänden nicht zu vermeiden, aber die Konstruktion bliebe stabil.

Mit der Eröffnung der Schule in Lotu ist im Dezember 2006 das Lazarus-Engagement auf Nias zum Abschluss gekommen. Das Konzept, sich auf einige Bauvorhaben zu konzentrieren und diese zügig auszuführen, ist aufgegangen. Mehr hätten ein relativ kleines Werk und einen einziger Mitarbeiter vor Ort (der von einer lokalen Mitarbeiterin und einem Fahrer unterstützt wurde) überfordert. Aber was für etwa 900.000 Euro entstand, findet auf Nias viel Anerkennung.

Das wurde auch in einem Gespräch mit lokalen Journalisten auf Nias deutlich, die betonten, Lazarus habe die Projekte sehr rasch begonnen und abgeschlossen. Auch der Bupati, der Regierungspräsident der Insel, brachte in einem Gespräch mit Journalisten aus Deutschland, den Dank für Hilfswerk und Spender in Deutschland zum Ausdruck. Über den Lazarus-Koordinator sagte er: "Herr Widmann hat sich ausgezeichnet eingesetzt und die Vorhaben zügig durchgezogen, bis sie jetzt alle fertig sind."

Der Autor, Frank Kürschner-Pelkmann, arbeitet als freier Journalist in Hamburg.

 Lazarus Hilfswerk


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