G8Berlin/Rostock (epo.de). - Die G8-Staaten haben bei ihrem Gipfeltreffen in Heiligendamm ein Hilfsprogramm in Höhe von 60 Milliarden US-Dollar zur Bekämpfung von Infektionskrankheiten wie Aids, Tuberkulose und Malaria beschlossen. Bundeskanzlerin Angela Merkel kündigte nach einem Treffen mit Vertretern afrikanischer Staaten zudem an, die G8-Länder würden ihre Verpflichtungen gegenüber Afrika erfüllen. Umwelt- und Entwicklungsorganisationen kritisierten die Gipfelergebnisse als sehr mager.

Die Hälfte des Hilfsprogramms zur Bekämpfung von Infektionskrankheiten - 30 Milliarden Dollar - wird die US-Regierung finanzieren. Das hatte US-Präsident George W. Bush schon vor dem G8-Gipfel verkündet. Die übrigen 30 Milliarden Dollar tragen die sieben anderen G8-Staaten. Deutschland werde vier Milliarden Dollar übernehmen, kündigte Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul im ZDF an. Das sei bereits mit Bundeskanzlerin Angela Merkel und Finanzminister Peer Steinbrück abgestimmt.

In der Gipfelerklärung zu Afrika betonen die G8-Staaten ihre Bereitschaft, weiterhin partnerschaftlich mit dem Kontinent zusammen zu arbeiten. "Gleichzeitig betonen wir, dass wir fest entschlossen sind, die insbesondere in Gleneagles eingegangenen Verpflichtungen im Hinblick auf die Entwicklung umzusetzen", heißt es in dem Papier. "Diese beinhalten den historischen multilateralen Schuldenerlass von bis zu 60 Milliarden US-Dollar, dessen Durchführung nun auf gutem Wege ist. Sie beinhalten auch eine Erhöhung der öffentlichen Entwicklungshilfe für Afrika gemeinsam mit anderen Gebern gegenüber 2004 um jährlich 25 Milliarden US-Dollar bis zum Jahr 2010. Der DAC der OECD veranschlagt die jährliche Erhöhung der öffentlichen Entwicklungshilfe bis 2010 auf ca. 50 Milliarden US-Dollar pro Jahr. Unser Fortschrittsbericht für Afrika bietet uns regelmäßig die Gelegenheit, die Unterstützung der G8 für die Entwicklung Afrikas einschließlich unserer Zusagen für die öffentliche Entwicklungshilfe auf den neuesten Stand zu bringen."

Die Deutsche Welthungerhilfe hält die Gipfelerklärung "Wachstum und Verantwortung in Afrika" für eine Mogelpackung. "Die Erklärung beinhaltet vor allem Absichtserklärungen, keine konkreten Zusagen. Damit fällt sie in der Verbindlichkeit der Aussagen hinter die Erklärung von Gleneagles vor zwei Jahren zurück", sagte Ulrich Post, Entwicklungsexperte der Welthungerhilfe.

"Hauptproblem bei dem amerikanischen Vorstoß, weitere 30 Milliarden Dollar alleine zu stemmen, dürfte die Zustimmung durch den amerikanischen Kongress sein", sagte Frank Mischo, Afrika- und Aids-Experte der Kindernothilfe. Ebenfalls kritisch sei das Vorhaben zu bewerten, einen Großteil des Geldes zur Unterstützung des "globalen Fonds" zu verwenden. Der Fonds finanziert 450 Gesundheitsprojekte weltweit in den Bereichen HIV/ Aids, Tuberkulose und Malaria. Damit erfülle er wichtige Aufgaben bei der Behandlung von Erkrankten. Er fördert aber keine Maßnahmen zur Prävention sowie zur Unterstützung von Aidswaisen. Insbesondere beim Kampf gegen die Armut in Afrika sei das aber entscheidend.

Die Kinderhilfsorganisation World Vision kritisierte, auf dem G8 Gipfel in Gleneagles im Jahr 2005 sei im Hinblick auf die Bekämpfung der Immunschwächekrankheit AIDS noch zugesagt worden, dass es bis 2010 einen universellen Zugang zu AIDS-Medikamenten für alle, die ihn benötigen, geben solle. "Versprechen waren leider nur Versprecher", sagte Marwin Meier, Experte für HIV und AIDS von World Vision. Denn nun heiße es, dass bis in einigen Jahren nur 5 Millionen Menschen diese Medikamente bekommen sollten. Nach Schätzungen von UNAIDS benötigten bis 2010 mindestens 10 Millionen Menschen Zugang zu den lebensrettenden Medikamenten. Die Erhöhung der Gelder für die Bekämpfung von AIDS, Tuberkulose und Malaria in Höhe von 60 Milliarden Dollar reiche auf keinen Fall aus. Allein für die AIDS-Bekämpfung weltweit schätze UNAIDS den Bedarf auf 40 Milliarden in diesem und im nächsten Jahr.  

"Insgesamt wird durch die Mittelzusagen für die Aidsbekämpfung die Kluft zwischen G8-Entwicklungsrethorik und Taten kaum kleiner", erklärte Thilo Hoppe (Bündnis 90/Grüne), Vorsitzender des Bundestagsausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. "Statt bis 2010 mit 30 Mrd. Dollar in den Rückstand zu geraten, wie dies Oxfam vorhergesagte, werden die G8-Länder ihr Ziel jetzt voraussichtlich nur um 25 Mrd. verfehlen. Das ist Schadensbegrenzung auf niedrigem Niveau!"

Nach Ansicht des globalisierungskritischen Netzwerkes Attac hat der G8-Gipfel sich selbst vorgeführt. "Wie nie zuvor in der Gipfelgeschichte ist deutlich geworden, dass die G8 ein Auslaufmodell ist", sagte Peter Wahl vom Attac-Koordinierungskreis. "Es dürfte keinen Gipfel gegeben haben, der inhaltlich und politisch so substanzlos war wie Heiligendamm."

Auch für Greenpeace ist der G8-Gipfel weitgehend gescheitert. Der G8-Gipfel bringe keine Aussage zur Begrenzung des Temperaturanstiegs. Es gebe keine Verständigung auf Emissions-Reduktionen der Industriestaaten und es gebe keinen Beschluss die Urwald-Abholzung zu stoppen. "Der G8-Gipfel sollte eine Verständigung auf klare Ziele bei der Reduktion von CO2-Emissionen erreichen und ist daran gescheitert", erklärte Greenpeace.

"Angesichts der mageren Ergebnisse kann man nur konstatieren: außer Spesen fast nichts gewesen!", erklärte NABU-Präsident Olaf Tschimpke. Alle notwendigen Entscheidungen zum Klimawandel seien verschoben worden, die angekündigte Hilfe für Afrika nicht über schon mehrfach gebrochene Versprechen hinausgekommen.

WEED bewertete Heiligendamm als "Gipfel der Scheinheiligkeit". Die Gipfelerklärung schreibe die brutale Globalisierung nach den Regeln der Reichen fort. "Deutschland und den G8 geht es gar nicht um Klimaschutz und Gerechtigkeit - ihre eigentliche Agenda steht im Wirtschaftsprogramm des Gipfels", sagte Peter Fuchs, handels- und investitionspolitischer Referent bei WEED. "Sie lautet: Investitionsfreiheit für Unternehmen, Privatisierung von Wissen, Verhinderung von Technologietransfer und billigen Medikamenten durch den Schutz sogenannter 'Geistiger Eigentumsrechte', ferner ungehinderter Freihandel mit Rohstoffen und Abwehr jedweder verbindlicher Regulierung gegenüber Transnationalen Konzernen."

www.g-8.de


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