Radio Pacis LogoArua (epo.de). - Radio Pacis, ein katholischer Radiosender in Arua, im Grenzgebiet von Uganda, Süd-Sudan und der Demokratischen Republik Kongo, ist von der BBC als afrikanisches "Radio of the Year" ausgezeichnet worden. Das Radio ist vor noch nicht einmal drei Jahren auf Sendung gegangen - in einer Region, die mehr als 20 Jahre lang von Unruhen und Konflikten geprägt war. Radio Pacis hat nicht nur viele Preise gewonnen, der nordugandische Sender hat auch einen positiven Einfluss auf andere Regionalradios und gestaltet die soziale Entwicklung der Region entscheidend mit. Erhard Brunn besuchte den Sender und sprach mit dessen Mitarbeitern.

Arua ist die Herkunftsregion des früheren ugandischen Regierungschefs Idi Amin, der bis heute den Ruf eines besonders unberechenbaren und brutalen Herrschers behalten hat. Als er 1979 von Truppen des Nachbarlandes Tansania gestürzt wurde, brannten diese Arua weitgehend nieder. Auch in den folgenden über 20 Jahren kam die Region nicht zur Ruhe. Den Westnile traf es nicht so hart wie die östlichen Nachbardistrikte Nord-Ugandas, die noch mehr unter der brutalen Kriegsführung der Lord's Resistance Army (LRA) litten. Durch die zunehmende Befriedung des Süd-Sudan (Friedensschluss im Januar 2005) und Nord-Ugandas erlebt die Region einen deutlichen Aufschwung. Arua ist eines der Tore zum Süd-Sudan geworden.

Sherry Meyer, die Managerin von Radio Pacis, schwebt "auf Wolke 7". Und man kann das verstehen. Die Eingangstür zu ihrem Büro ist über und über beklebt mit Ausschnitten von Glückwunsch-Emails. Denn das Radio, das sie hier in Arua mit aufbaute, hat mehrere Preise der BBC für hervorragenden Journalismus gewonnen. Radio Pacis war bereits das führende nichtkommerzielle englischsprachige Radio Ostafrikas des Jahres. Am letzten Mai-Wochenende kam der Preis "Radio of the Year" der BBC für ganz Afrika dazu.

Radio PacisEs war eine Entscheidung der Diözese, einen Radiosender zu gründen, sobald Frieden einkehrte. Der Sender sollte zum Wiederaufbau beitragen. Schon im Jahre 2001 hatte Bischof Frederick Drandua zwei Missionare mit der Aufgabe betraut, ein Informationszentrum zu planen. Der Bau begann im Folgejahr, und die Hauptgebäude konnten 2004 eröffnet werden. "On Air testing" begann im Oktober, die offizielle Eröffnung war im November 2004.

Meyer war zuvor in der Pastorale tätig. Ihr war die Aufgabe übertragen worden, dieses Projekt durchzuführen. Sie wurde die Assistentin von Fr. Tonino Passolini, einem Combino-Bruder, der schon damals über 30 Jahre in Uganda gearbeitet hatte und der seit der Eröffnung des Radios dessen Direktor ist.

EIN RADIO FÜR ALLE

Das Radio war nie als ein katholisches Radio im strikten Sinne gedacht. "Es soll ein Radio für alle sein und der Region in ihrer sozialen Entwicklung helfen", so Meyer. "Im Gegensatz zu anderen Radios sind wir keinen kommerziellen Zwängen unterworfen und brauchen auch nicht die ganze Zeit Musik zu spielen, um die Leute zu unterhalten. Wir machen also Programme über Gesundheitsfragen, über Ernährungsfragen, Landwirtschaft, Frauenrechte, häusliche Gewalt oder Bildung."

Meyer betont, dass Radio Pacis ganz bewusst auch die muslimische Bevölkerung einbeziehe: "Wir haben in unserem katholischen Sender eine ganze Reihe von Muslimen angestellt, die auch gute Arbeit gemacht haben. Wir haben vor allem soziale und politische Themen, die nicht nur Katholiken interessieren. So haben wir auch viele Hörer unter den Protestanten und Muslimen, was umso mehr ein Erfolg ist, als auch diese eigene Radiostationen in der Stadt unterhalten."

Amina AttakoDamit spricht sie vor allem ihre Arbeit mit Amina Attako (Foto) an. Die Muslima war über zwei Jahre lang stellvertretende Nachrichtenchefin des Radios. "Radio Pacis ist ein Radio, das auf die Entwicklung dieses armen Teils von Uganda abzielt", sagt Attako. "Ich fand, dass es das richtige Radio sein würde, als ich mich bewarb, und die Praxis hat mich bestätigt." Aber zuerst erhielt sie, wie die restliche Redaktion, eine fünfmonatige Zusatzausbildung u.a. durch BBC-Trainer. Attako sieht mit großer Befriedigung auf diese Startphase zurück. "Es war immer ein gute Zusammenarbeit. Ich habe immer sehr gerne für Radio Pacis gearbeitet."

Bei der Themenauswahl gibt es keinen Unterschied zwischen christlicher und muslimischer Perspektive. Entscheidungen fallen auf rein journalistischer Basis. Attako wurde an muslimischen Feiertagen von Radio Pacis eingesetzt, die Christen über Sinn und Zweck zu informieren. Zu Ostern, Pfingsten oder Weihnachten brachte sie diese christlichen Feiertage den Muslimen näher. Wie haben andere Muslime darauf reagiert? Attako: "Ich habe dazu gar nicht so viele Reaktionen erfahren. Wenn überhaupt, dann mit Stolz, dass ich als Muslima so eine Aufgabe übertragen bekommen habe." Attako ist vor kurzem aus dem Radio ausgeschieden. Sie will demnächst für einen Sitz im Parlament kandidieren.

Nachrichtenchef Ernest Acidri Al-Fodio betont, dass der Sender sehr viel Geld in die Aus- und Fortbildung seiner Mitarbeiter stecke. "Wir haben ein grosses Netz ausgebildeter freier Mitarbeiter, die hier im Radio anrufen, wenn in ihren Dörfern etwas von allgemeiner Bedeutung passiert. Dadurch und auf andere Weise sind die Leute an der Gestaltung des Programms beteiligt, das ausser in englisch auch in mehreren lokalen Sprachen ausgestrahlt wird." Er ist sicher, dass sich die anderen regionalen Radios etwas vom Qualitätsjournalismus bei Radio Pacis abgeschaut haben. "Die bringen heute auch mehr Nachrichten und sogar Hintergrundinformationen als früher. Auch das ist ein Erfolg unseres Radios," sagt er.

Fr. Toniono Pasolini berichtet, die Anschubfinanzierung für das Radio sei vor allem aus Deutschland und Österreich gekommen. "Und auch jetzt bekommen wir noch einen Teil des Geldes aus Deutschland." Missio Aachen und missio München seien die größten Geldgeber.

Erhard Brunn

Erhard Brunn erarbeitet derzeit eine Studie für den Deutschen Entwicklungsdienst (DED) über dessen Flüchtlingsarbeit im Westnile-Gebiet. Der DED koordiniert im Auftrag der UN-Flüchtlingsorganisation UNHCR drei Siedlungen mit zeitweise über 60.000 Flüchtlingen aus dem Süd-Sudan und der Demokratischen Republik Kongo. Dabei kommt man, so Brunn, ob im Dienstwagen, im Restaurant oder im Hotel, nicht umhin, sehr viel Radio Pacis zu hören.


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