Pater Raymond. Foto: BrunnArua (epo.de). - Pater Raymond ist sichtlich angespannt. Ein katholischer Priester ist nicht so häufig dazu gezwungen, mehrere Kapellen gleichzeitig zu schließen und die Kirchengemeinden aufzulösen. Aber Pater Raymond, ein Engländer, betreut seine Schäfchen im Rahmen des Jesuit Refugee Service (JRS) in einer Flüchtlingssiedlung mit 30.000 Menschen an der Nordgrenze Ugandas. Die Schließung einer Gemeinde ist deshalb eine gute Nachricht. Immer mehr Flüchtlinge kehren in den Süd-Sudan zurück. Ein Bericht von Erhard Brunn.

Pater Raymonds Gemeinde besteht zum größten Teil aus Flüchtlingen, die hier zum Teil schon seit 13 Jahren leben. Der Jesuit Refugee Service hat sich von Beginn an auf die Unterstützung der Schulen in den Flüchtlingssiedlungen konzentriert, auf berufliche Bildung und die Durchführung von Kursen der Friedenserziehung. Denn in den Settlements leben verschiedene Ethnien auf engstem Raum zusammen. Es galt, das Verständnis für andere Ethnien und einen friedlichen Interessenausgleich zu fördern.

Seit dem Friedensschluß zwischen der muslimischen Zentralregierung des Nordens und der süd-sudanesischen Befreiungsbewegung SPLA/SPLM stehen die Zeichen auf Rückkehr - in ein weitgehend zerstörtes Land. Im August 2006 begannen der Deutsche Entwicklungsdienst (DED) und die Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) im Auftrag des UN-Flüchtlingshilfswerkes UNHCR damit, die Flüchtlinge nach und nach in den Süd-Sudan zurückzuführen.

Umzug in den S?d-Sudan. Foto: Brunn

Pater Raymond will noch einen Gottesdienst in der Siedlung Tika 5 abhalten. "Wahrscheinlich warten wieder nur zwei Erwachsene, drei Kinder und eine Ziege in der Kapelle, so wie beim letzten Mal", sagt der Priester. Die eigentliche Abschiedstour hat er schon im Dezember unternommen. Vor Weihnachten hielt er in allen Kapellen nacheinander Gottesdienste ab und zeigte einen Film über das Leben Jesu.

Doch diesmal gibt es eine Überraschung. Einige Dutzend Menschen warten außerhalb der strohbedeckten Lehmhütte, die als Kapelle dient. Die Flüchtlinge gehören verschiedenen Ethnien an, und die Lesungen im Rahmen des Gottesdienstes werden in Englisch, im Kakwa der süd-sudanesischen Ethnie, im Logbora der Nord-Ugander und teilweise auch in einem arabischen Dialekt vorgetragen. Der Chor scheint jedoch schon abgewandert, und keiner der Anwesenden kann die Musikinstrumente spielen, die im Staub der Kapelle liegen.

Pater Raymond fragt die Gemeindemitglieder nach dem Gottesdienst nach ihren Vorstellungen: Soll die Kirchengemeinde aufgelöst, mit einer anderen Kapelle im Flüchtlingsgebiet fusioniert oder einer ugandischen Gemeinde angegliedert werden? Die anwesenden Gläubigen möchten nicht, dass die Kapelle schließt, die so nah an ihren Häusern liegt und an die sie sich über viele Jahre gewöhnt haben.

Die meisten süd-sudanesischen Flüchtlinge wollen die Repatriierung ohnehin nicht überstürzen. Sie wollen zunächst einmal die Sicherheitslage in ihrer süd-sudanesischen Heimat überprüfen, eventuell mit dem Bau eines Häuschens beginnen und herausfinden, wie sie ihre Existenz in der Landwirtschaft oder mit einem Gewerbe sichern können. In den Siedlungen in Nord-Uganda ist die Familie zumindest sicher, und die Kinder können zur Schule gehen, während der Ehemann und Vater die Umsiedlung vorbereitet.

Pater Raymond holt den Tabernakel aus der Hütte und lässt ihn feierlich auf die Ladefläche seines Geländewagens binden. Und auf geht es zur nächsten Kapelle. Einige junge Mädchen begleiten den Pater. Sie singen während der ganzen Fahrt die Hymne der Self-Reliance Strategie: "We are one, we are together, cooperation and development".

[Fotos: Pater Raymond; Umzug mit einem Hühnerkäfig in den Süd-Sudan; Copyright ? by Erhard Brunn]

Erhard Brunn


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