Gr?nlandBerlin (epo.de). - Einen Tag vor dem Votum des Umweltausschusses des Europäischen Parlamentes über die Einbeziehung des Flugverkehrs in den EU-Emissionshandel haben Umweltverbände gefordert, Fluglinien beim Klimaschutz stärker in die Pflicht zu nehmen. Die klimaschädigende Wirkung des Flugverkehrs sei zwei- bis fünfmal so groß wie die Wirkung der Kohlendioxid-Emissionen, argumentieren WWF, BUND, DNR und Germanwatch. Der EU-Umweltausschuss solle vor den in den Regierungen anstehenden Beratungen zu der Richtlinie ein deutliches Zeichen setzen, dass die EU ihre klimapolitische Glaubwürdigkeit nicht beim Flugverkehr auf das Spiel setzt, fordern die Umweltverbände.

Der Umweltausschuss des Europäischen Parlaments soll seine Stellungnahme zum geplanten Einbezug des Flugverkehrs in den EU-Emissionshandel am Dienstag abgeben. Nachdem die EU-Kommission im Dezember 2006 einen Richtlinienvorschlag vorgelegt hatte, wurde dieser in den letzten Monaten intensiv von verschiedenen Ausschüssen im EU-Parlament beraten. Insbesondere der Verkehrausschuss unter Vorsitz des deutschen EU-Abgeordneten Georg Jarzembowski (CDU) habe in den letzten Monaten versucht, das Vorhaben klimapolitisch massiv abzuschwächen, kritisieren die Umweltverbände.

Juliette de Grandpr?, Emissionshandelsexpertin des World Wide Fund for Nature (WWF), sieht die Einbeziehung des Flugverkehrs in das System des Europäischen Emissionshandels als wichtigstes klimapolitisches Gesetzesvorhaben. "Das EU-Parlament muss verdeutlichen, dass es nicht länger Extrawürste für die Fluglinien geben wird. Sie müssen einen angemessenen Beitrag leisten um die europäischen Klimaziele zu erfüllen. Angesicht der wachsenden Bedeutung des Luftverkehrs für das Klima führt an einer Einbeziehung in den Emissionshandel und einer Kerosinbesteuerung kein Weg vorbei."

Die europäische Klimaziele sehen eine Reduktion der Treibhausgase von 30 Prozent bis 2020 (gegenüber 1990) vor, wenn es zu einem neuen Klimaschutzabkommen auf UN-Ebene kommt. Die Klimawirkung das Flugverkehrs hat sich in der EU seit 1990 jedoch fast verdoppelt. "Das EU-Parlament muss den Kommissionsvorschlag an zentralen Stellen nachbessern", so de Grandpr? für die vier Umweltverbände. "Die Menge der Zertifikate für den Luftverkehr sollte maximal 50 Prozent der durchschnittlichen Emissionen der Jahre 2004 bis 2006 betragen, und nicht 100 Prozent, wie von der Kommission vorgeschlagen."

Hubert Weinzierl, Präsident des Umweltdachverbandes Deutscher Naturschutzring (DNR), verwies auf die Notwendigkeit, nicht nur CO2 einzubeziehen. "NOx -Emissionen, Zirruswolken und Kondensstreifen führen dazu, dass die Klimawirkung des Flugverkehrs mindestens zweimal, möglicherweise aber sogar fünfmal so groß ist wie die reinen CO2 -Emissionen." Dies bestätige auch der 4. Sachstandbericht des UN-Klimawissenschaftlergremiums IPCC. "Der Umweltausschuss des Europaparlamentes muss diese Tatsache durch einen Multiplikator auf CO2 berücksichtigen, der mindestens zwei, aus Vorsorgegründen besser drei betragen sollte", so Weinzierl. "Es muss zudem die Möglichkeit gegeben sein, diesen Faktor zukünftig anzupassen, sollten sich neue gesicherte wissenschaftliche Erkenntnisse ergeben."

Werner Reh, Verkehrsexperte beim Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND), fordert die EU auf, den Flugverkehr so bald wie möglich in den Emissionshandel einzubeziehen. "Spätestens ab 2010 muss der Flugverkehr in die Verantwortung genommen werden. Dabei ist für die ökologische Effektivität des Systems dringend erforderlich, dass nicht nur die Flüge innerhalb der EU, sondern alle, die in der EU landen bzw. von ihr abgehen, einbezogen werden", so Reh. Die EU solle sich nicht von der klimapolitisch destruktiven Versammlung der Internationalen Zivilluftfahrtbehörde (ICAO) verunsichern lassen, die am Freitag in Montreal zu Ende gegangen war. Dort hatte die USA den Ansatz der EU kritisiert, aber nur den Verzicht auf effektive Minderungsmaßnahmen und "Greenwashing" anboten. "Die EU hat dort den Willen gezeigt, standhaft zu bleiben und diesen umfassenden Ansatz zu wählen. Darin unterstützen wir sie."

Klaus Milke, Vorstandsvorsitzender der Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch, forderte die EU-Parlamentarier auf, sich für einen hohen Versteigerungsanteil bei den Zertifikaten einzusetzen. "Es sollte aus den Anfangsfehlern des Europäischen Emissionshandelssystems gelernt und den Empfehlungen der Wirtschaftswissenschaft gefolgt werden: 100 Prozent Versteigerung, um Mitnahmeeffekte zu vermeiden und eine effiziente Verteilung der Zertifikate zu gewährleisten."

Die vier Verbände unterstützen zudem den Vorschlag der EU-Kommission, die Einnahmen aus der Versteigerung für weiteren Klimaschutz vor allem zur Verbesserung umweltfreundlicher Verkehrsträger und auch für Maßnahmen zur Anpassung an die negativen Konsequenzen des Klimawandels zu verwenden, insbesondere in den besonders betroffenen Entwicklungsländern. "Dies wäre ein wichtiges Signal vor den anstehenden UN-Klimaverhandlungen in Bali, um gemeinsam mit den Entwicklungsländern Strategien für ein faires und gerechtes Klimaabkommen für die zweite Verpflichtungsperiode des Kyoto-Protokolls zu entwickeln", so Milke.

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www.bund.net
www.dnr.de
www.germanwatch.org