HWZBerlin (epo.de). - Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul und der Verband Entwicklungspolitik (VENRO) haben am Donnerstag die Pläne des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) verteidigt, den Entwicklungshaushalt im Jahr 2009 weiter zu steigern. Für den Haushalt 2009 habe ihr Ministerium nur das angemeldet, wozu sich die gesamte Bundesregierung mit der Kanzlerin an der Spitze zuletzt beim G8-Gipfel in Heiligendamm international verpflichtet habe, sagte Wieczorek-Zeul. VENRO übte heftige Kritik an Finanzminister Peer Steinbrück, der sich geweigert hatte, über Etatsteigerungen auch nur zu verhandeln. Auch der irische Afrika-Aktivist Bob Geldof protestierte.

Die internationale Verantwortung Deutschlands dürfe nicht aufs Spiel gesetzt werden, sagte Wieczorek-Zeul auf einer kurzfristig anberaumten Pressekonferenz in Berlin. Ihr Haushalt mache lediglich 1,5 Prozent des gesamten Bundeshaushalts aus.

Presseberichten zufolge hatten mehrere Ressorts zusätzliche Ausgaben in Höhe von insgesamt 7,5 Milliarden Euro für die Etatverhandlungen 2009 geltend gemacht. Wieczorek-Zeul kritisierte es als "beispiellosen Stil", dass sie aus der Presse von der Haltung des Finanzministers erfahren habe. Über den Bundeshaushalt entscheide noch immer das Kabinett, "und zwar gemeinsam", sagte die Ministerin.

VENRO: HAUSAUFGABEN GEMACHT

Der Verband Entwicklungspolitik deutscher Nichtregierungsorganisationen erklärte am Donnerstag in Bonn, die Ministerin fordere nur, "was die Bundesregierung und die Bundeskanzlerin definitiv zugesagt hat", und selbst dies sei noch zu wenig. "Frau Wieczorek-Zeul macht nur ihre Hausaufgaben und wird dafür von Herrn Steinbrück abgestraft", sagte die VENRO-Vorstandsvorsitzende Claudia Warning.

Der Sparkurs des Finanzministeriums widerspreche der Zusage der Bundesregierung, die Entwicklungshilfe über die nächsten vier Jahre um jährlich 750 Millionen Euro zu steigern, kritisierte VENRO. Zudem habe Bundeskanzlerin Angela Merkel sich während der deutschen G8-Präsidentschaft für eine Verdoppelung der Mittel für Afrika ausgesprochen.
 
Deutschland könne die Entwicklungshilfe nur auf die zugesagten 0,51 Prozent bis zum Jahr 2010 steigern, wenn ab 2008 ein jährlicher Zuwachs von mindestens einer Milliarde Euro erreicht würde, so Warning. Zusätzlich zu Schuldenerlassen müsse daher der Entwicklungsetat deutlich erhöht werden. "Die Mittel werden dringend gebraucht, um die Ausbreitung von HIV/Aids einzudämmen, Bildung zu gewährleisten und die Armut in Afrika zu bekämpfen. In den letzten Jahren hat sich vieles positiv verändert, wir dürfen in unseren Bemühungen daher nicht nachlassen" mahnte Warning.

GELDOF: MENSCHENLEBEN AUF DEM SPIEL

Der irische Musiker und Afrika-Aktivist Bob Geldof sagte, Steinbrück werde mit seinen Sparplänen am Entwicklungsetat "wenig dazu beitragen, den deutschen Haushalt zu stabilisieren, aber viel Schaden bei den Ärmsten der Armen anrichten. Ich kann kaum glauben, dass Herr Steinbrück ernsthaft Kürzungen erwägt, die Menschenleben kosten werden."

Geldof verwies auf die Weltbank-Stellungnahme vor dem G7-Finanzministertreffen an diesem Wochenende. Die Bank sprach von einem "Notfall", der durch international fallende Entwicklungszahlungen und steigende Lebensmittelpreise entstanden sei. Die Vereinten Nationen und die Europäische Union planten bereits Notfallsitzungen, um ihre Anstrengungen zu erneuern, die Millennium-Entwicklungsziele, wie die Halbierung extremer Armut bis 2015, zu erreichen.

"Der Finanzminister stellt sich hier gegen eine internationale Beschlusslage", sagte der Direktor von DATA Deutschland, Tobias Kahler. "Deutschland hat einer ganzen Generation von Armen Hoffnung gegeben. Diese Zusagen wurden nicht bei einer kleinen Unterhaltung bei Steinbrücks im Garten gemacht. Diese Zusagen wurden auf den G8-Gipfeln ausgesprochen, dem Treffen der mächtigsten Nationen der Welt. Sie wurden innerhalb der Europäischen Union gegeben, dem stärksten Wirtschaftsblock der Welt. Sie wurden letztes Wochenende in Tokyo wiederholt. Ich wünsche mir hier ein klärendes Wort von Bundeskanzlerin Merkel. Ich wäre überrascht, wenn Außenpolitik neuerdings im Finanzministerium gemacht wird."

HOPPE: CHAOS BEENDEN 

"Wir fordern die Bundesregierung auf, das Chaos in den eigenen Reihen zu beenden und unmissverständlich zu bestätigen, dass die feierlich abgegebenen Zusagen auch eingehalten werden", sagte der Vorsitzende des Entwicklungsausschusses im Bundestag, der Grünen-Politiker Thilo Hoppe. "Deutschland kann sein Versprechen, bis 2010 mindestens 0,51 Prozent und bis 2015 min 0,7 Prozent des Bruttonationalprodukts für Entwicklungszusammenarbeit und Humanitäre Hilfe zur Verfügung zu stellen, nur einhalten, wenn Jahr für Jahr die entsprechenden Haushaltsmittel um rund eine Milliarde Euro gesteigert werden. Dieses Geld wird dringend gebraucht, um die Millenniumsentwicklungsziele zu erreichen."
 
» http://www.bmz.de/
» http://www.venro.org/
» www.data.org


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