misereorAachen (epo.de). - Anlässlich der jüngsten Meldungen über Unruhen im Zuge gestiegener Nahrungsmittelpreise in Afrika, Asien und Lateinamerika fordert das katholische Hilfswerk MISEREOR ein radikales Umdenken in Fragen der internationalen Nahrungsmittelproduktion. "Entscheidend ist der Rückgang der Fähigkeit in den betroffenen Ländern die Eigenversorgung sicher zu stellen", sagte Heinz Oelers, Agrarexperte bei MISEREOR. Dies müsse sich ändern.



Es gebe eine Konkurrenz zwischen der Produktion von Nahrungsmitteln für die lokale Bevölkerung und Agrarexporten für die Besserverdiener im Norden, erklärte Oelers. "Ob Bananen aus Honduras oder Palmöl aus Indonesien: In den betroffenen Ländern gibt es Menschen, die hungern, während die Exportlandwirtschaft sich noch weiter ausbreitet. Die Frage ist also nicht, ob auf der Welt genug produziert wird, sondern was und für wen produziert wird."

Die Nahrungsmittelproduktion und die Sicherung der Ernährung müssten zudem Vorrang vor ökonomischen Interessen haben. "Bereits im vergangenen Jahr hat MISEREOR darauf hingewiesen, dass sich durch die Ausweitung des Anbaus von Energierohstoffen die Konkurrenz zwischen Nahrungsmittel-, Futtermittel-  und Energierohstoffanbau verschärft. Der Nahrungsmittelanbau wird verdrängt und auch die Preise steigen zwangsläufig: Mit Nahrungsmitteln spekuliert man nicht und mit dem Hunger macht man keine Geschäfte!", so Heinz Oelers.

Bei der Lösung der Nahrungsmittelproblematik stünden alle Akteure in der Verantwortung: Die internationale Staatengemeinschaft, die nationalen Regierungen und die Hilfsorganisationen. "Wenn Ernährungsfragen langfristig gelöst werden sollen, muss man mit denen zusammenarbeiten, die Nahrungsmittel hauptsächlich produzieren. Das sind die kleinen landwirtschaftlichen Betriebe, die in der Regel über geringes Eigenkapital verfügen und nur relativ kleine Landflächen bearbeiten. Teure und aufwändige Lösungen wie Gentechnik, Kredite für Landwirte, mehr Forschung und mehr Technik sind hier fehl am Platz. Man muss auf die vorhandenen lokalen Ressourcen und die Potentiale der Menschen, das Wissen und Kenntnisse der natürlichen Abläufe setzen."

Die Mehrheit der Bauern im Süden habe zudem keinen gesetzlich abgesicherten Zugang zu Land, zu Wasserquellen  und zu Weidegründen. Das sei ein Haupthindernis für eine Landwirtschaft, die sich am Erhalt der natürlichen Produktionsgrundlagen orientiert. "Wer nicht weiß, ob er morgen noch Besitzer seines Bodens ist, wird nicht investieren: weder in Bäume noch in eine verbesserte Bodenfruchtbarkeit. Ohne Rechtssicherheit gibt es keine nachhaltige Entwicklung und keine steigende Nahrungsmittelproduktion. Es ist daher Aufgabe der nationalen Regierungen für mehr Rechtssicherheit zu sorgen", so Oelers.

MISEREOR hat nach eigenen Angaben im Jahr 2007 in den Bereich Landwirtschaft, Ernährung und Soziales insgesamt 31,5 Millionen Euro in 287 Projekte investiert. Dieser Förderbereich erhält damit seit vielen Jahren mit die meisten Zuwendungen.

"Über Jahre wurde der ländliche Sektor im Süden durch billige Nahrungsmittelimporte vor allem aus den USA und der EU geschwächt", sagte Barbara Unmüßig, Vorstand der Heinrich-Böll-Stiftung. "Lokale Strukturen, die die heutigen Preise auffangen könnten, gibt es in vielen Ländern kaum noch. Damit zahlen wir heute den Preis für eine verfehlte Agrarpolitik."

» www.misereor.de
» www.boell.de


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